Sascha Westphal

Filmkritiken von Sascha Westphal

Kantemir Balagovs zweiter Spielfilm ist ein ästhetisches Vergnügen, das seinesgleichen sucht. Er erzählt die tragische Geschichte zweier Frontteilnehmerinnen im Leningrad der Nachkriegszeit in überwältigenden Bildern, die klassischen Gemälden gleichen. Die Schönheit der Einstellungen schiebt sich manches Mal vor die Geschichte und nimmt ihr etwas von ihrer emotionalen Wucht
Mit »Train to Busan« hat Yeon Sang-ho einen der eindrucksvollsten Zombie-Filme der vergangenen Jahre gedreht. Dessen nahezu blinde, aber ungeheuer geräuschempfindliche Zombies kehren zwar zurück, sind aber eher Beiwerk in diesem Sequel. Yeons post-apokalyptisches Szenario besticht zwar wieder durch die szenische Phantasie seiner Inszenierung, nur fehlt ihm die emotionale Tiefe seines Vorgängers
Was passiert, wenn in Brooklyn ein schwarzes Mädchen aus einer Arbeiterfamilie verschwindet? Vlad Feier zeigt in emotional extrem dichten Szenen, wie Rassismus, Armut, Gewalt und Ungleichheit das alltägliche Leben in den USA nachdrücklich bestimmen
Malik Vitthals Horrorthriller um eine Mordserie an Streifenpolizisten hat einige erzählerische Schwächen. Aber er trifft den Geist unserer von Polizeigewalt und »Black Lives Matter«-Protesten geprägten Zeit derart exakt, dass es fast schon unheimlich ist: »Body Cam«
Zwei Studenten des georgischen Nationalballetts verlieben sich ineinander und geraten in Konflikt mit einer zutiefst homophoben Gesellschaft. Levan Akins Film ist zugleich eine mitreißende Hommage an die traditionellen Tänze Georgiens
Ein nerdiger Computerspiel-Programmierer wird gegen seinen Willen zum Star eines mörderischen Fight Clubs, dem Millionen Zuschauer über das Internet folgen. Jason Lei Howdens Actionfilm »Guns Akimbo« erinnert an exzessive Genrespektakel wie »Crank«, jedoch fehlt es ihm die stilistischer Brillanz
Der Bau des Fehmarnbelttunnels wird die dänische Insel Lolland für immer verändern. In ihrem dokumentarisch geprägten Spielfilm »Giraffe« erzählt Anna Sofie Hartmann von den Dingen, die dabei für immer verschwinden werden. Zugleich erweist sich dieses nüchterne Protokoll einer Affäre als konzise Analyse menschlicher Beziehungen in den Zeiten der vollständigen Ökonomisierung des Lebens
Mit seiner H.-P.-Lovecraft-Verfilmung gelingt es Richard Stanley, den beinahe physischen Terror seiner Vorlage in schrecklich-schöne Bilder zu fassen, deren verstörender Kraft man sich kaum entziehen kann
Cathy Yans Spektakel um die zur Kultfigur gewordene Ex-Freundin des Jokers setzt sich auf wohltuende Weise von den großen Superhelden-Epen der vergangenen Jahre ab. Die junge Filmemacherin inszeniert ein klassisches, wundervoll spielerisches B-Picture, allerdings mit einem entscheidenden subversiven Unterschied. Diesmal sind die Männer die austauschbaren und weitgehend gesichtslosen Bösewichte
Ein korrupter Polizist soll der Mafia helfen, einen Unternehmer aus dem Gefängnis zu befreien, und verfängt sich dabei in einem Netz aus Lügen. Corneliu Porumboiu verbeugt sich vor den Klassikern des Film Noir und inszeniert ein ironisch-amüsantes Genrepastiche, das sich zugleich als Kommentar auf das Verhältnis zwischen West- und Osteuropa lesen lässt

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Bekannt ist sie für Kostümrollen, gern mit melodramatischem Touch. Aber eigentlich ist Alicia Vikander eine ganz gegenwärtige Schauspielerin – und manchmal, wie in »Ex Machina«, sogar ihrer Zeit voraus
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Wo sein Name draufsteht, steckt Krawall drin. Michael Bay, Regisseur von Blockbustern wie »Armageddon« und »Transformers«, ist der Angstgegner jedes ernsthaften Cineasten. ­Gelegentlich, etwa mit »Die Insel« oder »Pain & Gain«, hat er Abstecher ins erzählende Genre­kino unternommen. Aber meistens kann man bei ihm schon wegen der hektischen Montage nicht viel sehen. Oder? Sascha Westphal hat noch einmal hingeschaut
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Ihren endgültigen Durchbruch erlebte Viola Davis mit einer Serienrolle: In »How to Get Away with Murder« verkörpert sie eine weiblich-schwarze Spielart des Antihelden à la Walter White. Im Kino bislang auf die üblichen Nebenrollen reduziert, kommt sie derzeit in Denzel Washingtons Dramaverfilmung »Fences« groß raus
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Chloë Sevigny verkörperte einst als vieldeutiges weißes Blatt die Hoffnung auf ein anderes Kino jenseits des Mainstreams. Nun ist sie noch einmal in einem Whit-Stillman-Film zu sehen, »Love & Friendship«
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