Kai Mihm

Filmkritiken von Kai Mihm

Ein britischer Hotel-Tennislehrer hilft einer Touristin bei der Suche nach ihrem verschwundenen Mann. »Islands« spielt geschickt mit Film-noir-Motiven, aus denen er die subtile Geschichte einer Sinnsuche entwickelt. Das ist manchmal etwas ermüdend, bleibt aber immer atmosphärisch und vor allem großartig gespielt.
Andrea Arnolds britischer Unterschicht-Milieustudie mangelt es zwar etwas an dramaturgischer Prägnanz, dafür besticht der Film mit einer großartigen Besetzung (Nykiya Adams, Barry Keoghan, Franz Rogow­ski) und einem vielschichtigen Blick auf die Figuren und ihre prekären Lebensumstände.
Der Spielfilm über ein real existierendes Theaterprojekt im Gefängnis Sing Sing bekommt durch die dokumentarisch anmutende Ästhetik und ein großartiges Ensemble aus echten Ex-Häftlingen eine seltene Authentizität und eine rohe Emotionalität. Ein »Knastfilm« der anderen Art, berührend, humorvoll, eindringlich.
Mitreißend und intensiv schildert der Film den Alltag in einer riesigen New Yorker »Grill«-Küche. Etwa mehr Fokus auf die Hauptfiguren hätte der Geschichte gut getan, doch als virtuos inszenierte Milieustudie mit einer Menge relevanter Themen funktioniert »La cocina« dennoch hervorragend.
Zwei mormonische Missionarinnen treffen auf einen ebenso belesenen wie psychopathischen Atheisten und müssen bald um ihr Leben kämpfen. Exzellent gespielter Horrorfilm, der seine Spannung vor allem aus den Dialogen und der atmosphärischen Inszenierung bezieht.
Sean Baker erzählt die Geschichte einer Brooklyner Stripperin und ihrer wilden Ehe mit einem russischen Milliardärssohn als temporeiche Mischung aus romantischem Märchen und smarter Screwballcomedy, aus liebevoller Milieustudie und bitterbösem Gesellschaftskommentar – herausragend gespielt und meisterhaft inszeniert.
Historische Filmbiografie über Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin: hervorragend gespielt und atmosphärisch inszeniert. Poetische Erzählung über eine emanzipierte Frau, deren Innovationskraft als Winzerin vielleicht etwas zu kurz kommt.
Prominent besetzte, aber biedere Filmbiografie über die berühmte Fotografin Lee Miller, die der Komplexität der Hauptfigur nicht gerecht wird.
Ein nerdiger College-Professor schlüpft als Polizei-Lockvogel in die Rolle eines Profikillers – und verliebt sich in seine Zielperson. Richard Linklater gelingt eine smarte RomCom-Variation mit Neo-Noir-Einschlag, die nicht zuletzt von den großartigen Darstellern lebt.
Woody Allens womöglich letzter Film, ein in Französisch gedrehtes, tragikomisches Drama, beglückt mit einem klugen Drehbuch, souveräner Regie und einem großartigen Ensemble.

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Sensibel und ohne Fingerzeig: Der britische Vierteiler »Adolescence« über einen Teenager, der eine Mitschülerin umgebracht hat, ist das Serienphänomen der Stunde.
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Altersweise unbeschwert: In Megan Parks Zeitreisekomödie »My Old Ass« tauscht sich eine 18-Jährige mit ihrem 39-jährigen Ich aus.
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Justin Kurzel verarbeitet in seinem Thriller einen wahren Fall aus den 80er Jahren, in dem es um kriminelle Machenschaften einer berüchtigten militanten Neonazi-Vereinigung im Nordwesten der USA geht.
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In seinem vielgelobten Regiedebüt »The Piano Lesson« erzählt Malcolm Washington (Sohn von Denzel) die Geschichte einer Schwarzen Familie im Amerika des frühen 20. Jahrhunderts.
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In Jeremy Saulniers »Anti-Actionfilm« »Rebel Ridge« bekommt es ein Schwarzer Army-Veteran im tiefsten Louisiana mit korrupten Cops zu tun.
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Unter eigener Regie spielt Michael Keaton in »A Killer's Memory« einen an Demenz erkrankten Profikiller.
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Frisch oscarprämiert: Cord Jeffersons Komödie »American Fiction« erzählt von einem afroamerikanischen Schriftsteller, der an den rassistischen Klischees des Literatur-Establishments zu verzweifeln droht.
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In »Enlightened«, der frühen Serie von Mike White (»White Lotus«) brilliert Laura Dern als gleichermaßen idealistische und selbstsüchtige Frau.
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Emerald Fennel (»Promising Young Woman«) nimmt sich in »Saltburn« auf bitterbös-satirische Weise die britische Upper Class vor.