Sascha Westphal

Filmkritiken von Sascha Westphal

Len Wisemans »John Wick«-Spin-off etabliert mit Ana de Armas' Eve nicht nur eine neue Heldin im Kosmos der Filmreihe. Dieser überaus gradlinige Action-Film markiert auch eine Rückkehr zu den Anfängen der Serie. Allerdings hat seine Rachehandlung einen deutlich stärkeren emotionalen Resonanzboden als »John Wick« vor mehr als zehn Jahren.
Atmosphärisch zieht einen Robert Eggers’ Remake von Friedrich Wilhelm Murnaus »Nosferatu – Symphonie des Grauens« unwiderstehlich in seinen Bann. Seine verstörend schönen Bildkompositionen beschwören archaische Ängste herauf. Allerdings erweist sich Eggers’ Frauen- und Weltbild als ähnlich archaisch.
RP Kahl verbindet in seiner Kinoadaption von Peter Weiss' Dokumentarstück Filmisches und Theatrales zu einer meisterlichen Darstellung des Systems »Auschwitz«. So leistet er nicht nur dringend notwendige Aufklärungs- und Erinnerungsarbeit. Er nährt auch die Hoffnung, dass das Benennen des Barbarischen es zugleich bannen kann.
Vordergründig ist Alexander Paynes neues Werk ein anrührender Feiertagsfilm, der von einem großartigen Darstellertrio (Paul Giamatti, Da'Vine Joy Randolph und Newcomer Dominic Sessa) getragen wird. Aber unter seiner bittersüßen Sentimentalität schlummert eine extrem genau beobachtete Gesellschaftsanalyse, die genauso viel über die Vereinigten Staaten in den 1970ern erzählt wie über die heutigen politischen Verhältnisse.
Chad Stahelski rückt das Action-Kino einmal mehr in die Nähe bildender Kunst. Seine spektakulären Kampfsequenzen entwickeln eine abstrakte Schönheit, die das Publikum den Rausch reiner Kinetik erfahren lässt.
Die Geschichte um den Prozess gegen eine aus dem Senegal nach Frankreich gekommene Frau, die ihr Baby ertränkt hat, basiert auf wahren Begebenheiten. Aber es sind die fiktiven Elemente des Films, die einen Blick auf das Leben schwarzer Frauen in Europa ermöglichen, der weit über den Kriminalfall hinausgeht.
Der Schauspieler Lars Eidinger hat dem Dokumentarfilmer Reiner Holzemer die Möglichkeit gegeben, ihn bei den Proben zu seinem Debüt als »Jedermann« in Salzburg zu begleiten. Dabei ist eine Dokumentation entstanden, die natürlich von Eidingers Geschick zeugt, sich selbst in Szene zu setzen. Zugleich liefert sie aber auch unschätzbare Einblicke ins Handwerk und die Kunst des Schauspielens.
Albert Serras Porträt eines von Benoit Magimel gespielten französischen Kolonialbeamten auf Tahiti ist ein grandioses Spiel mit den Konventionen des Politthrillers. Doch der albtraumhafte Film versteht es, sich wieder und wieder den Regeln des Genres zu entziehen, und schickt einen so auf eine Reise in das wahre Herz der Finsternis.
Hong Sang-soo reiht zufällige Begegnungen und genau beobachtete Gespräche auf grandiose Weise aneinander. Dabei beweist er einmal mehr, dass nur die Kunst die verborgenen Wahrheiten unseres Lebens offenlegen kann.
Das Langfilmdebüt von Lukas Rinker hat zwei Gesichter. Zu Beginn gelingt ihm auf beachtliche Weise, Spannung aufzubauen und das Publikum mit dem Architekten Frank Lamm leiden zu lassen. Aber die Nähe zu einem Mann in einer nahezu ausweglosen Situation verflüchtigt sich, je mehr der Film in Richtung Fun-Splatter abtreibt.

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