Silvia Hallensleben

Mehrere Freunde von mir sind dieses Jahr mit dem Sicherheitsdienst in den CinemaxX-Kinos in unangenehme Konfrontation geraten, weil sie es wagten, während der Filmvorstellung gegen die hoheitlich preußischen Ordnungsvorstellungen der Herren zu verstoßen. Einer von ihnen wurde sogar gegenüber herbeigerufenen weiteren Security-Kollegen des gewalttätigen Angriffs bezichtigt, nur weil er sich deren Anweisungen nicht schnell genug fügen wollte. Solche Übergriffigkeiten schaffen insgesamt eine angespannte latent aggressive Atmosphäre.

Harald Mühlbeyer

Die Vielfalt des Weimarer Kinos – Thema der Retrospektive – erstreckt sich auch auf Farb- und Tonversuche. Im entsprechenden Kurzfilmprogramm gab es denn auch neben einer Art technischer Leistungsschau der Filmhistorie eine Entdeckung: Rudolf Pfenninger nämlich als Magier des Filmtons. In seinem ersten Teil seiner Filmreihe »Tönende Handschrift« demonstriert er das Verfahren: Zacken unterschiedlicher Breite und Höhe malt er auf die Tonspur, selbstgezeichneter Soundtrack – die Formen werden in Töne übersetzt.

Gerhard Midding

Rasch nach Beginn der Filmfestspiele verwandelt sich der Potsdamer Platz von einer Grußmeile zum Börsenparkett. Es wird über Kursnotierungen spekuliert, werden Empfehlungen und Gewinnwarnungen ausgesprochen. Die Angst, Entscheidendes zu verpassen, ist groß, aber in diesem Jahr (seriös kann ich nur über den Wettbewerb sprechen) erneut ziemlich unbegründet. Um so mehr freute sich ein Bekannter, als ich ihm »Don't worry, he won't get far on foot« nahelegte.

Barbara Schweizerhof

Von vier Menschen verreißen drei einen Film, aber für den vierten stellt er ein Meisterwerk dar. So sieht er aus, der wahre Alltag der Berlinale. Konsens gibt es nicht, dazu ist die Berlinale zu groß und zu vielfältig. Und vielleicht ist das ja ihr wahres Konzept: dass gestritten wird über Filme. Die 68. Ausgabe lieferte zumindest dafür eine gute Vorlage. Das Wettbewerbsprogramm in diesem Jahr war wie selten ein Programm der Extreme – und eines, das die Meinungen polarisierte.

Harald Mühlbeyer

Die Retro bietet viele gute und einige sehr gute Filme – »Ludwig der Zweite, König von Bayern« aber erweist sich als Ausreißer nach unten. Wilhelm Dieterles Biopic – Untertitel: »Schicksal eines unglücklichen Menschen« – muss schon bei seiner Premiere altmodisch gewirkt haben: Die fand im März 1930 statt, in einer Zeit, als sich der Tonfilm schon weitgehend durchgesetzt hat. »Ludwig der Zweite« ist nun freilich nicht nur ein Stummfilm, sondern auch einer, der in seinem Mitteln, nun, sagen wir: konservativ ist.

Winchester – Das Haus der Verdammten

Um sie für unzurechnungsfähig zu erklären, wird ein Psychologe ins unübersichtlich unheimliche Haus der geistergläubigen Witwe Winchester geschickt. Dort trägt sich sodann vielerlei alberner Hokuspokus zu, der den historischen Stoff und seine mögliche Bedeutung an billigste Genreklischees verrät

Unsere Erde 2

Faszinierende Aufnahmen von Pinguinen, Giraffen, Pottwalen, Pandabären und anderen Tieren in freier Wildbahn halten in »Unsere Erde 2« das Interesse trotz des nichtssagenden, oberflächlich alles mit allem verbindenden Kommentars wach

Das schweigende Klassenzimmer

Stalinstadt, DDR, im Jahr 1956: Aus Solidarität für die Beteiligten des Ungarn-Aufstands beschließen Abiturienten spontan eine Schweigeminute. Dieser kleine Akt der Solidarität wird von den SED-Funktionären als politischer Widerstand gedeutet und geahndet. Lars Kraume stellt in »Das schweigende Klassenzimmer« die grundsätzliche Frage nach dem historischen Gewordensein, indem er die frühen DDR-Jahre erzählerisch mit der Vergangenheit der autoritären Väter verschränkt

Red Sparrow

Jennifer Lawrence als verführerische russische Spionin und Joel Edgerton als CIA-Agent liefern sich zwischen Budapest und London ein Katz-und-Maus-Spiel. Der Agentenfilm »Red Sparrow« nach dem gleichnamigen Roman fällt vor allem durch sadistische Brutalität und zynischen Sex auf – und durch sonst eigentlich gar nichts

Operation: 12 Strong

Die Verfilmung eines der ersten US-amerikanischen Spezialkräfteeinsatzes in Afghanistan nach 9/11 geht den Ambivalenzen des Kriegs aus dem Weg, indem er den Wagemut der einzelnen Soldaten und ihrer afghanischen Verbündeten feiert: »Operation: 12 Strong«

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