Fantasy Film Fest Nights 2025

Jenseits des Mainstream
»The Weekend« (2025). © The Film Sales Company

»The Weekend« (2025). © The Film Sales Company

Die »Fantasy Film Fest Nights« bieten auch 2025 wieder außergewöhnliche Genrefilme

Ein Film aus Nigeria dürfte nicht unbedingt das sein, was der Kinobesucher von einem Festival erwartet, das den Genres »Thriller, Horror, Sci-Fi« gewidmet ist – allerdings steht hier in der Festivalbeschreibung auch noch ein »...& more«. Das macht das Fantasy Film Fest (und seine beiden kürzeren Ableger »FFF Nights« und »FFF White Nights«) auch im 39. Jahr offen für Ungewöhnliches. Dazu gehört »The Weekend« aus Nigeria. Daniel Oriahis höchst professionell gemachter Film mag einiges Jordan Peeles »Get Out« zu verdanken haben, auch hier geht es um einen Besuch bei der Familie des Partners. Nikiya ist bereits seit längerem mit Luc zusammen, doch über seine Familie schweigt der sich aus, lässt sich schließlich aber doch überreden, sie gemeinsam für das titelgebende Wochenende zu besuchen. Weit weg von der Großstadt lebend, schwören die Eltern (und auch Lucs – ebenso mit ihrem Freund angereiste – Schwester) auf Traditionen, besonders auf eine. Dass viel von dem guten Fleisch geredet wird, das hier auf den Tisch kommt, gibt schon einen Hinweis darauf, worum es geht. Das schmälerst nicht den behutsamen Spannungsaufbau, der sich schließlich in einem Crescendo entlädt – die immer wieder beschworene Familientradition ist jedenfalls alles andere als harmlos.

Im Gegensatz zu diesem Film, den man jenseits dieser Veranstaltung hierzulande kaum noch einmal wiedersehen wird, hat der ebenso ungewöhnliche »Memoir of a Snail« einen deutschen Verleih (der ihn im Juli herausbringt), Der zweite abendfüllende Film von Adam Elliot ist wie sein Vorgänger »Mary & Max« ein Animationsfilm mit Figuren, die wie bei Aardman aus Plastillin modelliert sind und im Stop Motion Verfahren lebendig werden. Für Kinder dürfte die Geschichte von Grace, einer jungen Frau, die mit zahlreichen Schicksalsschlägen zu kämpfen hat, definitiv zu düster sein, Erwachsenen geht sie ebenso definitiv ans Herz.

Das hat sie mit anderen Filmen des Festivals gemeinsam, bei denen Zuschauer, die nur nach dem größten Thrill, den blutigsten Metzeleien oder den aufwändigsten Spezialeffekten suchen, nicht auf ihre Kosten kommen. Etwa der spanische »A Whale«, dessen Protagonistin eine lautlos arbeitende Auftragskillerin ist, die eine symbiotische Verbindung zu einem monströsen Wesen pflegt. Was  Regisseur Pablo Hernandez mit großer Gelassenheit erzählt, den Zuschauer immer wieder ins Staunen versetzend. 

Die beiden südkoreanischen Filme »A girl with closed eyes« und »Noise« hingegen ziehen auch schon mal das Tempo an und zeigen, dass auch Regisseurinnen Action in Szene zu setzen verstehen. Chun Sunyoung verdichtet die Beziehung zweier Frauen, der Mordverdächtigen und der ermittelnden Kommissarin, zu einem Wettlauf mit der Zeit, bei dem sich die einstigen Jugendfreundinnen langsam näherkommen, auch wenn dies alles andere als ein gradliniger Prozess ist. Kim Soo-jin verleiht dem Schrecken in »Noise« vor allem eine akustische Dimension, Ist Ju-Hee nur krankhaft geräuschempfindlich, dass sie immer wieder ihre Nachbarn in dem Wohnblock wegen Lärm attackiert? Als sie plötzlich verschwindet, liegt es an ihrer Schwester, Licht in das Dunkel zu bringen. Selber hörgeschädigt, nimmt sie mit einem neuartigen Hörgerät bald etwas wahr, was andere Bewohner nicht wahrhaben wollen. Welches Geheimnis bergen die Müllberge im Keller? Was ist mit anderen im Lauf der Jahre hier verschwundenen Personen? Wird es am Ende eine rationale Erklärung geben oder haben wir es doch mit einer Geistergeschichte zu tun?

Eiskalt ist der Schrecken im isländischen »The Damned« von Thordur Palsson. Eigentlich müssten die Fischer die Überlebenden eines Schiffsunglücks retten, aber in Anbetracht des momentan schlechten Fangs und der erschöpften Vorräte lassen sie davon ab, bedienen sich stattdessen an den an Land gespülten Vorräten des Schiffs. Die Szene, in der die Überlebenden um Hilfe betteln und versuchen, an Bord des Fischerbootes zu gelangen, von dem sie brutal zurückgestoßen werden, wird man so schnell nicht vergessen. Der Fluch, der danach auf der Fischergemeinde lastet, ist nachvollziehbar; wie er sich langsam seinen Weg in die Köpfe der Menschen bahnt, die nicht mehr wissen, ob sie halluzinieren oder ob das, was sie sehen, wirklich real ist, das zeigt der Film, im Wechsel zwischen düsteren Innenaufnahmen und der Schneewüste draußen, bis zum bitteren Ende.

Zwei recht unterschiedliche Filme, die gleichwohl vom Duell ihrer beiden Antagonisten leben, sind »Locked« und »The Rule of Jenny Pen«. In David Yaroveskys »Locked« ist der Antagonist lange nur eine Stimme, später ein Gesicht auf einem Monitor. Verkörpert von Anthony Hopkins, reicht das allerdings aus, um den Kleinkriminellen Eddie (Bill Skarsgard) herauszufordern. Der ist in dessen SUV eingebrochen und sieht sich nun mit einem Hightech-Gefährt (und dessen Besitzer und Konstrukteur) konfrontiert, aus dem er nicht nur nicht wieder herauskommt, sondern das auch so ausgerüstet ist, dass es ihn sowohl mit Stromstößen als auch mit voll aufgedrehter Klimaanlage wahlweise mit kaum erträglicher Kälte bzw. Hitze traktieren kann. Zudem kann der Wagen ferngesteuert fahren, was es William ermöglicht, Eddie mit seinen verpfuschten Leben zu konfrontieren, indem er ihn in die Nähe seiner Tochter bringt, die er immer wieder vernachlässigt hat. Ein Katz-und Maus-Spiel, bei dem die Macht ganz auf einer Seite zu sein scheint, bis Eddie die Schwachstellen von William begreift...

Zurück in die Vergangenheit seiner Protagonisten geht auch »The Rule of Jenny Pen«, wenn Geoffrey Rush als Richter Stefan, während einer Verhandlung von einer plötzlichen Lähmung befallen, in einem Pflegeheim untergebracht wird, dessen Bewohner von Dave und dessen Handpuppe Jenny Penn terrorisiert werden. Hier sind Gut und Böse eindeutiger verteilt, John Lithgow als Dave kann kaum auf Zuschauersympathien hoffen, seine gemeinen Attacken lassen das Schlimmste erwarten.

Bei einem Film mit dem Titel »Orang Ikan« dürfte die ganze Aufmerksamkeit dem Monster gelten, doch Autor und Regisseur Mike Wiluan schafft es in diesem indonesischen Film, dass der Zuschauer sich auch für seine beiden menschlichen Protagonisten interessiert. Der kriegsgefangene  Brite Bronson und der japanische Soldat Saito, den ein Kriegsgericht erwartet, finden sich aneinanderkettet auf einer Insel wieder, nachdem das japanische Kriegsschiff, auf dem sie beide eingekerkert waren, bei einem Angriff versenkt wurde. Weitere Überlebende, die später an Land kommen, werden schnell von einem dort lebenden Monster gemeuchelt, das an den Amphibienmenschen aus »Creature from the Black Lagoon« erinnert, allerdings mit den Reißzähnen des »Predator«. Trotz des Suspense, den der Film in klassischer Manier aufzubauen weiß, gefällt er vor allem durch die langsame Annäherung der beiden Männer, die erkennen müssen, dass sie nur gemeinsam eine Chance haben zu überleben.

Nicht alle der siebzehn Filme des Programms waren so bemerkenswert, der Kontrast zur Normalkost in den hiesigen Kinoprogrammen wurde aber besonders deutlich bei zwei Trailern zu Filmen, die in Kürze von Major Studios in die Kinos gebracht werden: »Final Destination: Bloodlines« und »Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast« sind Fortsetzungen bzw. Neuauflagen von Franchises aus den Neunziger bzw. Nuller Jahren. Da genügte schon der Trailer, um zu wissen, was einen erwartet. 

Fantasy Filmfests Nights, vom 15.-18.5. in Hamburg,  vom 22.-25. Mai in München

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