18. Lichter Filmfest Frankfurt

»Das Deutsche Volk« (2025). © Rise And Shine Cinema

»Das Deutsche Volk« (2025). © Rise And Shine Cinema

Das Lichter Filmfest bot nicht nur ein buntes Filmprogramm, sondern war mit dem Kongress Zukunft Deutscher Film auch wieder Schauplatz hochaktueller Debatten

Kino des Schreckens, German Angstlust: Überschriften wie diese begleiteten den Kongress Zukunft Deutscher Film, der traditionell im Rahmen des Lichter Filmfests stattfindet und in diesem Jahr wie das Festival die Angst zum Leitthema erklärt hatte. Neben einer Auseinandersetzung mit der Angst als Filmmotiv integrierte sich das Thema in eine Reihe hochaktueller Diskussionen wie die um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Reform der Filmförderung oder die Herausforderungen durch KI. Letztere Debatte wurde erstaunlich angstfrei geführt. Veränderungen durch neue technische Möglichkeiten wären schon immer ein Teil der Filmgeschichte gewesen und man müsse KI eher als einen Sammelbegriff für unterschiedliche technische Tools sehen, so der Tenor eines Panels. Wieder einmal wurde jedoch deutlich, wie schwer es aktuell noch ist, konkrete Auswirkungen zu benennen. 

Inwiefern Angst beim Prozess des Filmemachens eine Rolle spielt, wurde in einem von Regisseurin Ayşe Polat moderierten Panel diskutiert. Als Input gab es zunächst ein Videointerview mit Dominik Graf, der dazu aufrief, sich von bisherigen Strukturen wie der deutschen Filmförderung unabhängig zu machen. Dieser Aufruf wurde prinzipiell begrüßt, aber auch kritisch diskutiert. Polat berichtete, sie habe ihren letzten Film »Im toten Winkel« bewusst so konzipiert, dass er ohne Förderung hätte auskommen können; als es dann doch welche gab, wurde das ursprüngliche Konzept, nur mit einfachen Handykameras zu drehen, erweitert. Zugleich verwies Polat darauf, dass es in der Regel Förderung brauche, um die notwendige Infrastruktur zu haben und die Mitarbeiter*innen anständig zu bezahlen. Regisseur und Drehbuchautor Jan Bonny fügte hinzu, dass man immer die persönlichen Risiken abwägen müsse, auch aus Verantwortung gegenüber der eigenen Familie. Mehmet Büyükatalay, der mit »Hysteria« auf dem Lichter Filmfest vertreten war, berichtete, dass für ihn der gesamte Prozess des Filmemachens aus Angst bestehe. In seiner Doppelrolle als Regisseur und Produzent verspüre er fast schon schizophrene Gefühle, weil er das kreative wie auch das finanzielle Gelingen im Blick behalten müsse. Einig war man sich darin, dass die bestehende Filmförderung mit ihren vielen Gremien es eher schwer mache, Ängste zu überwinden. Wie man hier neue Impulse geben kann, war Thema eines Vortrags von Cornelia Grünberg, die Teil der Initiative »Zukunft Kino+Film« ist. Sie plädierte unter anderem für neue Fördertöpfe und automatisierte Förderung und führte die britische Filmförderung als Vorbild an. 

Was im Kino möglich ist, zeigte das Filmprogramm des Lichter Filmfests, das wie immer einen bunten Mix bot aus internationalem und regionalem Film, Erstaufführungen und Filmen, die schon auf anderen Festivals liefen. Den Publikumspreis gewann »Kill the Jockey« des Argentiniers Luis Ortega. Seine Geschichte um die Identitätssuche eines in Drogensucht und Mafiastrukturen gefangenen Reitsportprofis glänzt durch skurrilen Humor und einen surrealistischen Erzählstil, der immer wieder neue Wendungen nimmt.

Der von einer Jury vergebene Preis für den besten regionalen Langfilm ging an »Das Deutsche Volk«. Für den Dokumentarfilm über die Anschläge in Hanau 2020 begleitete Marcin Wierzchowski über mehrere Jahre die Angehörigen der Opfer. In ihrer Begründung schrieb die Jury: »In schonungslosem Schwarz-Weiß zeigt Marcin Wierzchowski den unstillbaren Schmerz der Angehörigen, ihren kräftezehrenden Kampf um lückenlose Aufklärung und Erinnerung.« Zusätzlich gab es den von der Jury der Evangelischen Filmarbeit vergebenen Sonderpreis »Lila Bembel«. Die Jury erklärte, der Film sei ein »unbequemer, doch umso wichtigerer Film«. Sowohl »Das Deutsche Volk« als auch »Kill the Jockey« laufen im September in den deutschen Kinos an.

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