Die stärkste emotionale Reaktion ging diesmal nicht von einem dankbaren, gerührten Preisträger aus, sondern von einer Schauspielerin, die im Wettbewerb dieses 71. Filmfestivals von Cannes gar nicht angetreten war. Die Italienerin Asia Argento sollte den Darstellerinnenpreis mitvergeben, feuerte aber statt der üblichen, vom Teleprompter abgelesenen Laudatio ein selbst formuliertes Statement ab: »1997 bin ich von Harvey Weinstein hier in Cannes vergewaltigt worden. Ich war 21 Jahre alt.
Mit der Vergabe der Goldenen Palme an den japanischen Regisseur Hirokazu Kore-eda für sein Familiendrama »Shoplifters« ging am Samstag das 71. Filmfestival von Cannes zu Ende. Den Grand Prix verlieh die Jury unter Vorsitz der australischen Schauspielerin Cate Blanchett an den Amerikaner Spike Lee und seine Satire über einen Afroamerikaner, der den Klu Klux Klan unterwandert, »BlacKkKlansman«.
An Vielfalt herrschte kein Mangel: Filme, die mit mehrminütigen Jubel-Ovationen begrüßt wurden und Filme, denen scharenweise das Publikum davonlief. Solche, über die heftig gestritten wurde und solche, die völlig kalt ließen. Und es gab den neuesten Film von Lars von Trier, der mit seinen ausführlichen Gewaltszenen doch noch echte Erschütterungen auslöste bei einem Festival-Publikum, das von sich denkt schon alles gesehen zu haben. Es lief also eigentlich alles gut auf diesem 71. Filmfestival in Cannes, dem so viele eine Krise nachsagen.
Was Sie eigentlich doch nicht über Han Solo wissen wollten und deshalb nie gefragt haben: Der »Origin Story« zu Han Solo fehlt es an Mut zur retrospektiven Neuerfindung, gerade weil alles drin ist, was man so erwartet
Die Legende erzählt, dass genau hier, an der Croisette von Cannes, das Phänomen »Star Wars« geboren wurde. Ein junger George Lucas war im Mai 1971 mit seinem Spielfilmdebüt »THX 11 38« in die Nebenreihe der Quinzaine des Réalisateurs eingeladen und nutzte die Gelegenheit, um für seine nächste Ideen Produzenten zu finden. Der damals im Hotel Carlton getätigten Deal mit United Artists sollte sich zwar später wieder zerschlagen, aber für Lucas war es der Moment, an dem seine »Weltall-Oper« abzuheben begann.
Als »Olympus Has Fallen« 2013 herauskam, lebten wir noch in einer anderen Welt. Sie war gewiss nicht unschuldiger, aber vielleicht einen Hauch argloser. Dabei denke ich weniger an die geopolitischen Phantasien, die den Weißes-Haus-Kracher umtreiben, sondern an Ashley Judd.
Fast 30 Jahre ist es her, dass Spike Lee mit einem Film im Wettbewerb von Cannes angetreten ist. Damals, 1989, wurde sein »Do the Right Thing« als großer Favorit auf die goldene Palme gehandelt – und ging am Ende doch leer aus. Lee machte den Jury-Präsidenten Wim Wenders dafür verantwortlich und ließ sich zur Drohungen hinreißen: Er habe einen Baseball-Schläger im Schrank mit Wenders' Name drauf. Für die »unreifen Bemerkungen« hat sich Lee längst entschuldigt.
Aus der Ferne erschien mir Cannes in diesem Jahr zunächst wie eine Wagenburg. Das ging im Vorfeld auch etlichen Kollegen so, die im Gegensatz zu mir regelmäßig dort sind. Nun ist die Zeit der Spekulationen vorüber, jetzt muss sich der Jahrgang beweisen. Auch das ist, aus der Warte des in Berlin Gebliebenen betrachtet, spannend.