Gerhard Midding

Gerhard Midding ist freier Autor für Tageszeitungen (Berliner Zeitung, Die Welt), Zeitschriften (epd Film, filmbulletin) sowie Radio-(rbb Kulturradio) und Fernsehsender (3sat). 

Filmkritiken von Gerhard Midding

Ai Weiweis erste Operninszenierung scheint ein glorioser Erfolg gewesen zu sein. Leider erfährt man in Maxim Dereviankos hagiographischem Dokumentarfilm nichts über deren künstlerische Güte.
Im tschechisch-polnischen Originaltitel fehlt das K. Die Hinzufügung dürfte jedoch im Sinne Agnieszka Hollands sein, die Kafka durchaus mit seinem literarischen Alter Ego Josef K. kurzschließt. Ihre Biografie ist ein Wechselspiel aus brav inszeniertem Pflichtprogramm und gelegentlichen Höhenflügen inszenatorischer Fantasie.
Ein Fischerdorf wird aus seiner Trägheit aufgeschreckt, als ein homophober Angriff verübt wird. Emanuel Parvu seziert das gesellschaftliche Klima mit dem unerbittlichen Naturalismus, den das rumänische Kino wie kein anderes beherrscht.
Die Dokumentarfilmer Michael Dweck und Gregory Kershaw entdecken dem Publikum die majestätisch-schroffen Landschaften der argentinischen Provinz Salta, wo die letzten Gauchos versuchen, sich ihr Handwerk und ihre Kultur zu bewahren. Ein Stück lebendiger, gültiger Folklore.
In Five Points, dem aus »Gangs of New York« berüchtigten Viertel im Süden Manhattans, soll eine Schar von Nonnen ein Waisenhaus errichten. Ihre Leiterin Francesca Fabrini trotzt allen Widerständen, überwindet Fremdenhass und Arroganz der Institutionen. Die reale Figur wurde vom Vatikan heilig gesprochen, aber Alejandro Gómez Monteverdes voreiliges Biopic verherrlicht sie schon zu ihren Lebzeiten.
In Cédric Klapischs neuem Film wird ein Familienerbe durch Kunst und Abstammung weitergereicht. Schaulustig changiert er zwischen der Gegenwart und der Belle Époque, die sich beide ihrer Modernität rühmen. Er stellt konservative Fragen – und findet spielerisch dynamische Antworten.
Juliane Sauter hat ihren Dokumentarfilm der Sopranistin Renata Scotto gewidmet, die nach den Dreharbeiten im Alter von 89 Jahren starb. Die Verehrung für die rüstige Dame überschattet freilich nie die Ausstrahlung ihrer jüngeren Kolleginnen Angel Blue und Valerie Eickhoff, die ihren Beruf im je eigenen Spannungsfeld zwischen Hingabe und Zweifel ausüben. Ein überraschend leiser Opernfilm.
Regisseur Niclas Bendrixen schickt ein dänisches Ehepaar auf eine sentimentale Reise nach Rom. Das Geschenk ihrer Tochter zum 40. Hochzeitstag erweist sich als zweideutige Gabe, denn die routinierte Zweisamkeit wird auf harte Proben gestellt. Ein Parcours hartnäckiger Klischees, den das Publikum dank der einnehmenden Hauptdarsteller glimpflich überstehen kann.
Der Film konzentriert sich auf eine heroische Anekdote, in der der Schriftsteller als Postflieger einen in den Anden verschollenen Freund retten will. Die verbürgte Episode wird märchenhaft ausgemalt, die naiven digitalen Effekte jedoch korrumpieren die Glaubhaftigkeit der Erzählung nachhaltig.
Robert Guédiguian versammelt seine vertraute Filmfamilie, um mit ihr seine bewährten Themen zu verhandeln: die armenischen Wurzeln, Solidarität, Engagement. Erstaunlich, dass dies noch immer ohne Schleifspuren der Routine gelingt!