Kritik zu Bella Roma – Liebe auf italienisch
Zum 40. Hochzeitstag reist ein Ehepaar in die Ewige Stadt und versucht, sich die verblichene Herzensjugend zurückzuerobern. Die launige Wiederverheiratungskomödie war in Dänemark der größte heimische Kassenerfolg des letzten Jahres
Es gibt ein kleines Ritual zwischen Gerda und Kristoffer, in das nur er eingeweiht ist. Es handelt sich um einen Liebesbeweis, den sie unwissentlich erbringt – oder eben nicht. Wann immer die Eheleute sich kurz trennen, flüstert er ihr lautlos nach: »Dreh dich um, dreh dich um zu mir!« Die Reise nach Rom, die ihnen ihre Tochter zum 40. Hochzeitstag geschenkt hat, bietet reichlich Gelegenheit, die Gefühle auf den Prüfstein zu stellen.
Der Ehemann (Kristian Halken) tritt sie eher unwillig an, seine Gattin (Bodil Jorgensen) mit bangem Herzen. Der Fluggesellschaft ist sein Koffer abhandengekommen. Kein Wunder, räsoniert der heitere Nörgler, es ist eine schwedische. Immerhin gibt es in Rom ein Vespa-Museum, das seine Neugier weckt. Gerda kehrt nach Jahrzehnten in die Stadt zurück, mit der sie Erinnerungen verbinden, die vorerst rätselhaft bleiben. Während er im Hotelzimmer auf den Koffer wartet, bricht sie zu einer kleinen Tour der Wiederentdeckungen auf. Ihre Schritte führen sie zielstrebig an die Orte, an denen sich damals ihr Leben zutrug. Zugleich ist sie offen für das Flair, das Rom heute besitzt. Das heimliche Ritual ist weniger ein Prüfstein für die Tiefe der Zuneigung, sondern einer der inneren Beweglichkeit.
In Gerdas einstigem Stammlokal taucht unversehens, fast wie ein Geist, ihr ehemaliger Kunstlehrer Johannes (Rolf Lassgård) auf. Ausgerechnet ein Schwede, denkt sich Kristoffer, der sich gewissermaßen doppelt verraten fühlt. Seine Eifersucht ist nicht unbegründet (die zwei hatten eine Affäre, die folgenreich war), wird aber zunächst trinkfreudig gezähmt. Der unverhoffte Rivale unternimmt derweil alles, den alten Zauber wieder zu entfachen. Unter seiner Führung verwandelt sich Rom in ein romantisches Terrain, auf dem sich eine Kultiviertheit darbietet, die in der Ehe stets unerfüllt blieb.
Regisseur Niclas Bendixen lässt keines der handelsüblichen Klischees aus, weder die der Stadt noch die der Wiederverheiratungskomödie. Mit der anmaßenden Zuversicht der Touristen erschließen sich die Nordeuropäer den Sehnsuchtsort und finden ihn bevölkert von lebensklugen Straßenkünstlern, singenden Müllmännern und trinkfesten Tagedieben. Die Schauwerte sind erklecklich, wobei der Engelsbrücke eine hübsch vieldeutige Rolle zufällt. Kristoffer entwickelt eine gewisse anarchische Energie, die freilich vor allem seiner unberechenbaren Verdauung geschuldet ist.
Insgeheim hält das Drehbuch für Gerda noch eine weitere Anfechtung bereit. Johannes mag zwar behaupten, in der Ewigen Stadt seien die Menschen alterslos. Aber Gerda erfährt das Gegenteil. Zunächst machen amerikanische Touristen, dann Johannes' Sohn abfällige Bemerkungen über ihr Alter. Die Verspottete reagiert voller Würde. Jetzt gilt es, die Jugend des Herzens zurückzugewinnen. Das gelingt den Eheleuten auf je eigene Weise. Kristoffer entpuppt sich als anpassungsfähig: Er erkennt, dass Gerda mit Rom noch nicht fertig ist. Ein letztes Mal stellt er sie auf die Probe, nun aber in der bangen Gewissheit, dass es der Liebesbeweise nicht bedarf.
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