Kritik zu Primadonna or Nothing
Juliane Sauter porträtiert drei Sopranistinnen unterschiedlichen Alters und Temperaments. Was sie über Beruf und Hingabe berichten, ist nicht nur für Opernfans aufschlussreich
Der rigorose Titel besiegelt schon, worum es geht: um alles. Für die drei Protagonistinnen gibt es kein Dazwischen. Am Ende zählen einzig Begabung, Disziplin und Ehrgeiz. Da muss es nicht verwundern, wenn irgendwann von Maria Callas die Rede ist. Wie halten die drei es mit ihr?
Renata Scotto gibt sich als Diva alter Schule. Es schwingt eine verschmitzte Rivalität mit, wenn die fast 90-Jährige meint: Die ist nicht interessant. Angel Blue hingegen, die nach 15 Jahren Karriere weltweite Tri0umphe feiert, ist voller Demut: Wenn sie die Tosca singt, steht sie selbstverständlich in Callas’ Schatten, was Ehre und Ansporn zugleich ist. Valerie Eickhoff, die noch ganz am Anfang steht, bleibt die Frage erspart. Sie ist ohnehin ein Mezzosopran.
Die Nahaufnahme dreier charismatischer Sängerinnen, deren Instrument die Emotion ihrer Figuren ist – unmöglich, bei diesem Film nicht sofort an »Fuoco Sacro – Suche nach dem heiligen Feuer des Gesangs« von Jan Schmidt-Garre zu denken. Der wurde gedreht von einem Opern-Aficionado, der den Glauben wiederfand. Juliane Sauter nähert sich ihren Primadonnen auf andere Weise. Sie forscht weniger nach dem Feuer, das in ihren Stimmen lodert, sondern nach dem Feuer in ihren Herzen. Sie ist neugierig auf ihr Selbstverständnis und ihren Alltag. Scotto begleitet sie in ihrem bewegten Leben; noch immer besucht sie jeden Opernabend in ihrer Heimatstadt Savona. Zweifel hat sie hinter sich. Gegen die gute Laune der Amerikanerin Blue scheint kein Kraut gewachsen, aber ihre Selbstironie verschwistert sich mit robuster Nachdenklichkeit. Eickhoff geht noch bang durch das Fegefeuer der Proben und Wettbewerbe. Jedes Mal fiebert man mit ihr. Nicht nur mit ihr – die Sympathie der Regisseurin ist wunderbar gerecht verteilt. Nebenbei vermittelt ihr Film auch eine Ahnung davon, wie sich dieses Metier – die Gesetze von Engagement und Ruhm, auch die Körperbilder – über die Generationen hinweg gewandelt hat.
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