Gerhard Midding

Niemand filmt Uhren so wie er. Das Gleiche gilt für Insekten. Fangen wir mit Letzteren an, denn Jan Troell macht sich von ihnen ein eigenes Bild. Es ist aus dem Leben gegriffen.

Gerhard Midding

Diese Tendenz kündigt sich bereits in den Namen an, die ich gestern aufzählte: Es sind zunehmend Regisseurinnen, die sich dieses schwierige Terrain erobern. Claire Denis stand 2001 noch allein auf weiter Flur. Ihr „Trouble every day“ gab sich kühn als Kannibalenfilm aus. Ganz zog sie das Vorhaben nicht durch, es war kein Tabu für sie, aber noch nicht abbildbar. Die Figuren bissen noch zu wie Vampire.

Gerhard Midding

„Titane“, der heute in unseren Kinos anläuft, ist ein verwegener Ritt. Er missachtet fast alle Stoppschilder und hängt sämtliche Konventionen ab. Julia Ducournau wirft einen Blick unter die Kühlerhaube des Lebens, der sensibleren Naturen schwer zuzumuten ist. Die Mordszenen sind noch dann unerträglich, wenn der Schrecken außerhalb des Bildes liegt; die Tonspur ist suggestiv genug. Ducournaus Erzählimpuls ist die Grenzüberschreitung: der Geschlechter und der Genres, was im Französischen ein und dasselbe ist.

Side Effects (2013)

Soderberghs Neo-Noir-Thriller »Side Effects« beginnt rasant und elegant und bringt in seiner Geschichte um eine verzweifelte Frau, ein neues Antidepressivum, einen Todesfall und den Existenzkampf eines Psychiaters einige spannende Motive unter – welche allerdings im Labyrinth eines hoffnungslos überkonstruierten Plots verloren gehen.

Djam (2017)

Ein Film über die gegenwärtige Krise in Griechenland und über eine große Musiktradition, den Rembetiko. Beides verbindet Regisseur Gatlif in »Djam« zu einer Klage, die an vielen Stellen etwas zu abstrakt bleibt.

Die Einzelteile der Liebe (2019)

Ein episodischer Film über das unordentliche Gefühl der Liebe. Miriam Blisse erzählt vom Aufkommen und Verschwinden der Liebe in einem Berliner Hochhaus, ohne das Milieu dafür verantwortlich zu machen.

Mr. Turner – Meister des Lichts (2014)

Das letzte Vierteljahrhundert im Leben des berühmten englischen Malers William Turner. Kunst und Leben: Mike Leigh ist einer der faszinierendsten Künstlerfilme der letzten Jahre gelungen.

3 Türken und 1 Baby (2015)

Die Komödie über drei türkische Brüder, die sich um ein Baby kümmern müssen, liefert originelle Pointen rund um deutschtürkische Befindlichkeiten, verliert aber durch einen faden Hauptdarsteller an Drive.
Gerhard Midding

Am Ende blieben nur noch die Blautöne übrig. Nach zwei Jahren war das Plakat fast ausgeblichen. Die Sonne hatte unerbittlich darauf geschienen, gleichviel, ob nun Lockdown herrschte oder eine Periode, in der das Kino öffnen durfte. Auf dem Weg zum Markt machte ich in dieser Zeit oft einen kleinen Umweg, um kurz am "Capitol" nach dem Rechten zu sehen. In den übrigen Schaufenstern wurden die Plakate regelmäßig ausgetauscht. Aber das für »Keine Zeit zu sterben« blieb an seinem Platz. Es hatte seinen Dienst noch nicht getan.

Sunset Over Hollywood (2019)

Mit einiger Verspieltheit und atmosphärischem Gespür gibt uns Uli Gaulke eine schöne Erweiterung des dokumentarischen Subgenres Altersheim-Porträt.

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