Buch und Buchpremiere: Der DEFA-Regisseur Rolf Losansky

Buchvorstellung im Zeughauskino, Berlin, am Freitag, den 18.7. um 19 Uhr

»Ein Schneemann für Afrika« – im Titel seines 1977 gedrehten Films deutet sich schon an, was den Regisseur Rolf Losansky auszeichnete: die Vorliebe für »real-fantastische Geschichten« (wie es seine langjährige Autorin Christa Kozik beschreibt): keine Fantasy, sondern Geschichten, die das Fantastische im Alltag fanden, »Filme, die das Fantastische als Möglichkeit einer realen Gegenwart zeigen und damit die Realität erweitern«, so formuliert es der Herausgeber dieses Buches. 

Rolf Losansky (1931–2016) hat sich einen Namen gemacht als einer der wichtigsten Regisseure für Kinder- und Jugendfilme der DEFA. Viele davon kamen auch in der Bundesrepublik, vor allem als 16mm-Kopien im Bereich der nichtgewerblichen Filmarbeit, zum Einsatz. Insofern ist der Hinweis schon bemerkenswert, dass es keine einzige der 160 DEFA-Produktionen dieser Gattung unter die 70 Titel geschafft hat, die der 2010 in Reclams Filmgenre-Reihe erschienene Band »Kinder- und Jugendfilm« würdigte. 

Mit 160 Filmen machte die Gattung immerhin 20 % der Gesamtfilmproduktion in vierzig Jahren DEFA aus. Das begann bereits 1946 mit Gerhard Lamprechts »Irgendwo in Berlin« und wurde 1952 mit einem ZK-Beschluss als integraler Bestandteil der Filmproduktion verankert. Nicht wenige der Filme aus den fünfziger Jahren setzen dabei ideologische Richtlinien auch im Kinder- und Jugendfilm um, wenn die Gefahr aus dem kapitalistischen und imperialistischen Westen kommt. Auch Losanskys Spielfilmdebüt als Regisseur und Ko-Autor, »Geheimnis der 17« hatte einen »ideologisch-erzieherischen Anspruch«, während im Nachfolgefilm »Die Suche nach dem wunderbunten Vögelchen« (ebenfalls 1963) die Kinder im Verlauf des Films aus dem Blickfeld geraten – vermittelt wird Wissenswertes aus der Arbeit der Volkspolizei (wie es in einer Premierenkritik hieß). In Losanskys dritten Film, »Der Revolver des Corporals« (1967) geht es um die Entscheidung junger Männer für die richtige Seite inmitten der kubanischen Revolution.

Erst mit dem Jugendfilm »...Verdammt, ich bin erwachsen...« (1974) und dem Kinderfilm »Blumen für den Mann im Mond« (1974/75) findet Losansky zu sich: ersterer greift das Thema der Industrialisierung und ihrer negativen Folgen für die Natur auf, letzterer erzählt von »Kindern, die träumen und an Wunder glauben«. 

Mit »Der lange Ritt zur Schule«, »Moritz in der Litfasssäule«, »Weiße Wolke Carolin«, »Das Schulgespenst« und »Zirri, das Wolkenschaf« setzt Losansky diese Linie fort, letzterer ist bei seiner späten Premiere 1993 der 706. und letzte Spielfilm der DEFA.
Losansky setzt in seinen Filmen wiederholt auf mehrere Erzählebenen, die für den Alltag und das Fantastische stehen, seinen Figuren und deren Darstellern begegnet er auf Augenhöhe, auch den anderen Mitgliedern des Filmteams, an den fantastischen Elementen haben die Tricktechniker und Animationsfilmer der DEFA wichtige Anteile.

In zehn Kapiteln nähert sich dieses Buch aus der Schriftenreihe der DEFA-Stiftung dem Regisseur Rolf Losansky. Neun davon hat der Herausgeber selber verfasst, das zu den frühen Filmen stammt von Margret Albers. Ausführlich wird dabei die Rezeption durch die DDR-Premierenkritik dargestellt, im Fall von »Abschiedsdisco« (1989), dessen erste Drehbuchfassung bereits zehn Jahre zuvor entstand, wird auf Basis von Unterlagen des Bundesarchivs die langwierige Entstehungsgeschichte nachgezeichnet, die in der Thematik (Umweltverschmutzung) begründet lag. 

Unter der Überschrift ›Rolf Losansky auf Nebenwegen‹ werden seine beiden Komödien für Erwachsene, »Im Himmel ist doch Jahrmarkt« (1968) und »Hut ab, wenn Du küsst!« gewürdigt, ein weiteres Kapitel gilt den Sport-Filmen »Euch werd ich’s zeigen« (1971) und »Achillesferse« (1978), das letzte seinen Arbeiten in der Nachwendezeit, die von mangelnden finanziellen Mitteln im Filmbereich und dem Ausweichen aufs Theater gekennzeichnet sind.

Zwei informative Gespräche mit der Autorin Christa Kozik (die eine 40-jährige Arbeitsfreundschaft mit Losansky verband) und dem Schauspieler Gojko Mitic (der Losanskys Arbeitsweise am Set beschreibt) schließen den Band ab.
Äußerst enttäuschend ist dann die auf zwei Seiten komprimierte Auflistung ›Rolf Losansky – Film und Fernsehen (Auswahl)‹. Da ist man sowohl vom Verlag als auch von der DEFA-Stiftung erheblich Besseres gewohnt. 

Erfreulich dagegen ist die Beigabe einer DVD, die mit 180 Minuten Gesamtdauer drei Arbeiten versammelt, den Kinderfilm »Euch werd ich’s zeigen« (1971), ein Losansky-Porträt von Dagmar Seume (2009) und die Spieldokumentation »Wer küsst Dornröschen??« (2012).


 

Michael Grisko (Hg.): Ich war nie eine Hauptplanposition...! Der DEFA-Regisseur Rolf Losansky. DEFA-Stiftung/Verlag Bertz+Fischer, Berlin 2025. 224 S. (plus DVD), € 29,-.

Bestellmöglichkeit (Verlag)

 

 

Buchvorstellung im Zeughaus Kino, Berlin, am Freitag, den 18.7. um 19 Uhr. Anschließend läuft Losanskys Komödie »Hut ab, wenn Du küsst!« (1971), die im Rahmen der diesjährigen Berlinale-Retrospektive zum deutschen Genrefilm der siebziger Jahre einem größeren Publikum bekannt wurde.

Infos (Zeughauskino)

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