Birgit Roschy

Filmkritiken von Birgit Roschy

Ein Mann versucht seine scheidungswillige Frau durch die Wiederholung einer Urlaubsreise von vor zwanzig Jahren, in Begleitung der nun erwachsenen Kindern, umzustimmen: eine Komödie zwischen Burleske und Melancholie, die an beherzt tiefergelegte Ferienfilme vergangener Jahrzehnte erinnert.
Wenn Gérard Depardieu als französischer Starkoch in einer japanischen Nudelküche wieder Appetit auf das Leben bekommt, ist dies schon aufgrund seines Charismas unterhaltsam, ergibt aber mit den achtlos gezeichneten Nebenfiguren eine allzu dünne Suppe.
Die Charaktere sind allzu flüchtig skizziert, doch wenn Putzfrau Maria und Hausmeister Hubert in dieser sanften Komödie in den Hinterzimmern einer Kunstakademie zu flirten beginnen, ist dies auch eine originelle Hommage an die transformative Kraft der Kunst.
Die Balzac-Verfilmung über einen jungen Dichter und Emporkömmling, der in Paris als geistreich-bissiger Journalist seine fünf Minuten Ruhm erfährt, erweist sich dank der eleganten Inszenierung und dezenter zeitgenössischer Analogien als unerwartet aufregendes Drama und eine Feier von Esprit und Wortkunst.
Die Verfilmung eines Romanbestellers über ein Ärztin, die auf ihre Heimatinsel Mallorca zurückkehrt und familiären Geheimnissen auf die Spur kommt, kann in einer uninspirierten Inszenierung nur selten emotionale Wucht entfalten.
Zwischen unbefangener Burleske und herzzerreißenden Szenen widmet sich Karoline Herfurth auch in ihrem vierten Film, der von einem unerfüllten Kinderwunsch handelt, den Sollbruchstellen eines Frauenlebens: selbst wenn mancher Witz nicht zündet, so ist die hochtourige Dramedy insgesamt doch so unterhaltsam wie bei Herfurth inzwischen gewohnt.
Das Feelgood-Drama über einen Rapper aus der Pariser Banlieue, der als Opernsänger entdeckt wird, bedient sich bekannter Culture-Clash-Klischees, ist aber dank des vitalen Hauptdarstellers, eines bekannten Rappers, und der schwungvollen Regie unterhaltsamer als erwartet.
Die Mittelmeerkreuzfahrt eines frisch verrenteten Paares ist in dieser schweizerischen Beziehungskomödie der Beginn einer Reise hin zur Selbsterkenntnis und zu einer unkonventionelleren Lebensweise: ein liebenswürdig unspektakulärer Film.
Nicht jede Pointe sitzt, doch die rohe Energie dieser burlesken Tragödie, in der ein IT-­Experte, eine Friseurin und ein blinder ­Archivar auf der Suche nach einem adoptierten Kind unfreiwillig den Staat herausfordern, zieht einen in ihren Bann: Albert Dupontel orientiert sich in seiner mit Césars überhäuften achten Regiearbeit neben Chaplin und Tati besonders an Terry ­Gilliams ­dystopischer Satire »Brazil«.
In der Filmadaption eines liebenswürdigen Theaterstücks über zwei einsame Menschen, die mit Hilfe von Grand Crus zueinanderfinden, wird der bittersüße Humor durch gelegentliche Plattheiten und unstimmige Nebenhandlungen überdeckt.

Weitere Inhalte zu Birgit Roschy

Tipp
Plädoyer für die Provinz: In »Hometown Cha-Cha-Cha« zieht eine Zahnärztin in eine Kleinstadt und findet ihre große Liebe.
Tipp
Ich weiß, was du vor 25 Jahren getan hast: Zwischen Teenie-Survival-Horror und erwachsenem Charakterdrama werden in der Krimiserie »Yellowjackets« Frauen porträtiert, die in den Abgrund geblickt haben.
Tipp
Im melancholischen Roadmovie »Finch« kreiert Tom Hanks eine Ersatzfamilie, um in einem postapokalyptischen Amerika zu überleben
Thema
Kunst imitiert Leben: Zurzeit häufen sich im Kino Filme nach wahren Geschichten – vom Kriminalfall über die Sozialstudie bis hin zu VIP-Movies wie »Spencer« und »House of Gucci«
Tipp
Mein Leib und Blut: Mike Flanagan legt mit »Midnight Mass« eine weitere psychologische Horrorserie vor
Tipp
Rettet die Einhörner: Der Avantgarde-Comiczeichner Dash Shaw präsentiert mit »Cryptozoo« ein Zeichentrickmärchen für Erwachsene
Tipp
Mit »Wellington Paranormal« baut Taika Waititi das Mockumentary-Konzept seines »5 Zimmer, Küche, Sarg« weiter aus
Tipp
»American Crime Story: Impeachment« widmet sich der Bill-Clinton-Monica-Lewinsky-Affäre und verspricht ein tiefenscharfes Sittengemälde des Washingtoner Politikbetriebs
Tipp
Mit unterkühltem Humor erzählt »Mein eigenes Begräbnis« vom letzten Glück eines verbitterten Todkranken
Tipp
Beziehungsfilmprofi Hagai Levi wagt sich nach »The Affair« und »In Therapie« an ein Remake von Ingmar Bergmans »Szenen einer Ehe«, in dem, im progressiven Amerika von heute, gestritten wird wie im Schweden der 70er Jahre. Ab 12. September auf Sky