Kritik zu Voll ins Leben

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Dany Boon und Kad Merad, die beiden »Sch'ti«-Stars, spielen in Boons neuem Film zwei Halbbrüder, die sich unverhofft in Paris begegnen: eine Culture-Clash-Komödie, in der wie nebenbei die Club-Med-Kultur aufs Korn genommen wird

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Ist er ein Sunnyboy oder ein Trottel? Der lächelnde Dampfplauderer Tridan schafft es meist, selbst die härtesten Mienen zu erweichen, wird aber durch seine Weltfremdheit zugleich zur leichten Beute für Betrüger. Danny Boon greift in seiner Darstellung des vertrauensselig-naiven und doch menschlich wachen Helden einen kulturgeschichtlichen Archetypus auf. Ein bisschen »Candide«, ein bisschen »Hans im Glück«, und ein bisschen »Joker«, ist Tridan zugleich Teil eines sehr französischen Phänomens, der Generation Club Med. Wer je erlebt hat, mit welchem Drive dort »gentils organisateurs« allabendlich ihr amüsierwilliges Familienpublikum bespaßen, kann die nervende Gutgelauntheit des ehemaligen Animateurs Tridan besser verstehen. Besonders im Vorspann erinnert die Komödie an den Kultfilm »Die Strandflitzer« (Les Bronzés, 1978), in dem die Club-Med-Kultur parodiert wurde.

Als Sohn zweier g.o.'s, »gentils organisateurs«, aufgewachsen in einem mexikanischen Ferienressort des Club Mediterranée, ist Tridan das Leben außerhalb von Sonne, Strand und braungebrannten, glücklichen Menschen völlig unbekannt. Mit 50 Jahren aber hat er genug und will nach Paris, um das Mädchen Violette zu finden, in das er sich mit acht Jahren verliebt hatte. Seine Mutter übergibt ihm den Schlüssel für die Pariser Wohnung des einst bei einem schicksalhaften Unfall ums Leben gekommenen Vaters. Dort nistet jedoch Tridans bis dato unbekannter Halbbruder Louis, der, geschieden und pleite, um sein Erbe – die Wohnung – fürchtet. Er will Tridan unbedingt zu Violette abschieben. In der Not veranlasst er einen seiner One-Night-Stands, Roxane, dazu, sich als Violette auszugeben.

So vorhersehbar die Handlung ist, so ist die Grundidee doch bezaubernd, denn der Culture-Clash zwischen Ferienclub und Touristen, die in ihrem angestammten Pariser Habitat so gar nicht entspannt sind, bietet wunderbare komödiantische Möglichkeiten. Tridan – der Name abgeleitet von »Trident«, dem Dreizack-Symbol des Clubs – bringt nicht nur ganze Metrowagons zum lächeln, sondern vergisst etwa, nachdem er einen Job als Kellner ergattert hat, ständig die Rechnung. Denn im Club war alles inklusive. Hübsch ist auch, dass sich mit Kad Merad und Dany Boon das seit »Willkommen bei den Sch'tis« eingespielte Duo die Bälle zuwirft. Tatsächlich feierte Merad, wie viele Filmschaffende (Luc Besson etwa wuchs als Kind von Tauchlehrern im Club Med auf), seine erste Bühnenerfahrung als Animateur bei Club-Med-Shows. Hier nun, als wütender Uber-Fahrer, hat er eine fast zu undankbare Rolle.

Und leider wirkt alles, was über die »Fish-out-of-Water«-Prämisse hinausgeht, arg unstimmig. Da hilft auch der nervöse Charme von Charlotte Gainsbourg als Roxane-Violette nicht weiter. Wo das Drehbuch bald wie mit heißer Nadel gestrickt wirkt, besticht der Film dennoch mit seiner burlesken, mit Slapstick gespickten Unbekümmertheit – und, wie bei Dany Boon gewohnt – einem Hang zur Romantik, wenn auch hier eine Spur zu süßlich.

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