Ulrich Sonnenschein

Schlicht »Days« heißt der Film von Tsai Ming-Liang der nichts weiter will, als einen begrenzten Zeitraum für das Kino zu öffnen. Dieser umfasst dabei nicht mehr als zwei Tage und eine Nacht. Zwei Männer beginnen ihren jeweiligen Tag auf ganz eigene Weise. Der eine sitzt vor der Glasfront seines Hauses und schaut dem Regen zu, der andere kocht traditionelle Speisen auf einem kleinen Holzkohleofen im Treppenhaus.

Harald Mühlbeyer

Ehebruch. Auch in »Street Scene« hat King Vidor das Thema behandelt; in »Cynara« geht er es frontal an. Der Film ist eine lange Rückblende, eine nachträgliche Beichte des Ehemanns bei seiner Ehefrau, kurz, bevor er das Schiff nach Südafrika besteigt, kurz vor dem endgültigen Nimmerwiedersehen.

Ulrich Sonnenschein

Fassbinders Verfilmung von »Berlin Alexandserplatz« fürs Fernsehen gilt landläufig als Meisterwerk. Günter Lamprecht zumindest war ein glaubwürdiger Franz Biedenkopf. Alle anderen Adaptionen von Alfred Döblins Jahrhundertroman sind da nur Annäherungen, Heinrich George hin oder her.

Harald Mühlbeyer

King Vidor ist ein Regisseur des Ensembles. Er vereint seine Protagonisten vor der Kamera und lässt ihnen und ihren kleinen, eigenen Geschichten den Raum, den sie benötigen. Daraus dann schält sich irgendwann die Haupthandlung des Films heraus – wie zufällig und unbeabsichtigt.

Jens Balkenborg

Wenn ein Film über die Leinwand flackert, in dem die Bilder als die urkinematografische Ausdrucksform schlechthin mehr zu sagen vermögen als es Worte jemals tun könnten: Dann wird die Analogie von Film und Sprache, konkret: die filmische Sprache sehr greifbar. Das ist die Kunst des Kinos: mit Bildern erzählen.

Silvia Hallensleben

Kleiner Nachtrag zum Thema Programmgestaltung: Es gibt die von mir vermissten Kinoübersichten, zum Beispiel hängt eine in der Akademie der Künste im Foyer. Auch die Kinos selbst haben welche im Kassenhäuschen, wie ich gesehen habe. Verstehe nicht, weshalb man die dann nicht auch online stellen kann – oder habe ich sie einfach nicht gefunden? Ich habe mir auf einer kleinen Rundreise jetzt die von Akademie und Delphi (mit Hilfe eines netten Mitarbeiters) abfotografiert, leider in technisch so schlechter Qualität, dass ich sie besser auch nicht veröffentliche.

Frank Arnold

Eines Tages steht er da, der Wagen mit den zwei Männern darin, die nichts tun als zu beobachten. Unsicherheit macht sich breit unter den Anwohnern der Straße in der iranischen Provinzstadt. Auch bei dem Lehrer Bakhtiyar, der erst vor kurzem mit seiner Familie hierher gezogen ist. Gegenseitige Verdächtigungen und Beschuldigungen machen die Runde, die Nerven liegen blank. Bakhtiyars Gerechtigkeitssinn wird immer wieder auf die Probe gestellt, so wenn er einen Schüler in einer Prüfung beim Schummeln erwischt. Erst bettelt der darum, das doch zu übersehen, dann spricht er eine Drohung aus.

Gerhard Midding

Eine der schönsten Anekdoten über Amerika und die Welt, über Kino und Politik hat mit King Vidor zu tun. Die Rolle, die einer seiner Filme darin spielt, hätte ihn ohne Zweifel überrascht. Aber sie ist ihm angemessen, weil sie von Widerspruch und Ambivalenz handelt.

Harald Mühlbeyer

Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster? »Comrade X« jedenfalls ist, wie ich ohne das Gesamtwerk zu kennen behaupte, der witzigste King Vidor-Film. Im Moskau des Jahres 1940 wird die Weltpresse mehr und mehr zensiert, doch einem geheimnisvollen Korrespondenten/Spion, Comrade X genannt, gelingt es immer wieder, für den Kreml höchst unliebsame Stories in die USA zu lancieren. Nun, wer mag wohl dieser geheimnisvolle Genosse sein?

Jens Balkenborg

Festival heißt: Jeden Tag hinein in den Tunnel, Filme weg bingen und wenig von der Außenwelt mitbekommen. Bei den vielen, vielen unterschiedlichen Filmen freut man sich vor allem über Szenen, die sich einbrennen. Denn diese bilden schließlich, zusammengehalten durch eine geistige Montage, den ganz persönlichen Festivalrückblick.

Seiten

epd Film RSS abonnieren