Ulrich Sonnenschein

Drei Filme im Wettbewerb und kaum könnte das Votum der Kollegen uneiniger sein als heute. Thomas Arslans sparsamer Film »Helle Nächte«, der vielen zu langsam, zu wortkarg und ästhetisch eine Sackgasse war, hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Er erfüllt seine selbstgestellte Aufgabe imgrunde perfekt. Das dargestellte Vater-Sohn-Verhältnis geht ungebrochen und in seiner ästhetischen Rücksichtslosigkeit radikal auf den Zuschauer über. Ein Sohn fährt zur Beerdigung seines Vaters, den er schon 5 Jahre nicht mehr gesehen hat, nach Norwegen.

Harald Mühlbeyer

Jetzt Apokalypse. Aber so richtig. Alles monochrom, vornehmlich gelb, manchmal blau viragiert, eine untergegangene Welt, das Ende der Menschheit. Nach einem Atomkrieg die letzten Überlebenden in einem Bunker unter einem Museum, dort haust der Professor und Nobelpreisträger Larsen mit ein paar Museumsangestellten. Außen Trümmer, Leichen und Strahlung, unten zusammengesammelten Zeug aus dem Museum, unter den Tischen Pedale, um Glühlampen anzutreiben. Und warten, warten auf den endgültigen Schluss. Und Nachdenken über das Vorher, wie hat es soweit kommen können.

Christian Hein

Schwarzer Sand und aufgeschäumtes Meer, glattgeschliffene Küstenwände, heller Sonnenschein: Die Trauminsel in der Ägäis zeigt sich der kleinen Familie um Vater Jimmy und Mutter Hannah von seiner besten Seite. Doch dieser Tag ist für die fünfjährige Luca ein dunkler. Hannah erklärt ihr, dass Jimmy nach dem Urlaub ausziehen wird – Mama und Papa haben sich nicht mehr lieb.

Harald Mühlbeyer

Der früheste Film, der in der Science Fiction-Retro läuft. Gedreht vor 100 Jahren, mitten im Weltkrieg, im beschaulichen Dänemark. Ein pazifistisches Manifest, eine Utopie vom Weltfrieden mit ewigem Sommer und schönen, weißgewandeten Damen: »Himmelskibet« / »Das Himmelsschiff«, dänischer Spielfilm von Holger-Madsen (der sich den Bindestrich aus künstlerischen Gründen zum Namen dazuerfunden hat...)

Schatz, nimm Du sie!

In dem Remake »Schatz, nimm Du sie!« geht mit grobmotorischen Charakteren und entschärften Episoden der satirische Witz des Originals – in dem scheidungswillige Eltern ihre Kinder aus Karrieregründen zu vergraulen versuchen – weitgehend verloren
Rudolf Worschech

Wenn es ein Gesicht gibt, das den ersten Teil dieser Berlinale prägte und das auch nach ihrem Ende noch in Erinnerung bleiben wird, dann ist es das der kongolesischen Schauspielerin Véro Tshanda Beya. Immer wieder zeigt es der Regisseur Alain Gomis in seinem Wettbewerbsbeitrag »Félicité« in Großaufnahme, es wirkt auch wie ein Symbol für den Kampf ums tägliche Überleben in Afrika.

Silvia Hallensleben

Gestern abend der samstägliche epd-Treff mit den Kollegen, von denen viele tapfer jeden morgen um neun im Berlinale-Palast zum Wettbewerb sitzen. Da hab ich’s gut an meinem Schreibtisch gemütlich mit den Screening-Links und Kaffee zum Aufputschen.

Ulrich Sonnenschein

Das beste Opening hatte bislang Danny Boyles »T2«, die Fortsetzung seines Szenefilms »Trainspotting«. Zu hämmernden Beats stampfen buntbeschuhte Füße auf einem Laufband, das Fitnessstudio ist der neue Wald, nachdem der Waldlauf irgendwann mal Jogging hieß. Doch im Wald herrscht seitdem Ruhe, Ruhe für die Tiere, die es dort immer schon gab. Wären da nicht die Jäger, aber dazu später.

Der junge Karl Marx

Den politischen Diskurs kann Raoul Pecks Biopic »Der junge Karl Marx« durch seine ernsthafte, aber keineswegs hagiografische Auseinandersetzung mit Marx vielleicht befruchten. Ästhetisch kommt er aber nur in den wenigsten Szenen über biederes Kostümkino hinaus
Harald Mühlbeyer

Tja. Eigentlich hätten Sie jetzt einen Text von mir über Hans Werckmeisters »Algol. Tragödie der Macht« vor sich, der hier mit Live-Klaviermusik gezeigt wird. Aber die Berlinale will nicht, dass Sie etwas von diesem Film erfahren. Die Berlinale nämlich vergibt an Akkreditierte ganz gerne mal vergiftete Geschenke. Beispielsweise: Freier Zugang im Zeughauskino mit Akkreditierung, ohne Karten holen zu müssen. Hört sich super an. Klappt aber seit Jahren nicht.

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