Tag der Uneinigkeit

»Helle Nächte« (2017). © Schramm Film / Marco Krüger

Drei Filme im Wettbewerb und kaum könnte das Votum der Kollegen uneiniger sein als heute. Thomas Arslans sparsamer Film »Helle Nächte«, der vielen zu langsam, zu wortkarg und ästhetisch eine Sackgasse war, hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Er erfüllt seine selbstgestellte Aufgabe imgrunde perfekt. Das dargestellte Vater-Sohn-Verhältnis geht ungebrochen und in seiner ästhetischen Rücksichtslosigkeit radikal auf den Zuschauer über. Ein Sohn fährt zur Beerdigung seines Vaters, den er schon 5 Jahre nicht mehr gesehen hat, nach Norwegen. Mit dabei ist sein eigener Sohn, in pubertärer Abwehrhaltung, nur um zu sehen wie denn der Opa, mit dem er einst ein Baumhaus baute, tatsächlich gelebt hat. Den Vater hat er in diesen Jahren kaum gesehen. Dass sich die verlorene Zeit zwischen Vater und Sohn nicht nachholen läßt, diese Erkenntnis ringt der Film seinen Figuren förmlich ab. Das ist nicht immer angenehm anzuschauen, aber der Film will auch gar nicht gefallen. Minutenlang läßt Arslan seine beiden Antihelden eine einsame Bergstraße entlangfahren, hinein in immer dichter werdenden Nebel und zeitlich viel länger als es sich jeder wünschen mag. Und doch sind es gerade solche Szenen, die den Widerstand des Publikums brechen und alle in die Misere der tief im Innern gescheiterten Beziehung hineinziehen.

Ganz das Gegenteil kam gleich danach, in Sally Potters banalem Gesellschaftsdrama »The Party«, das man ebenso auf die Feier als auch auf die Partei hindeuten kann. Eine frischgebackene Ministerin, selten war die großartige Artistin Scott Thomas so eindimensional, lädt zur Feier des Tages ein paar Freunde und solche die es noch werden sollen zu einem kleinen Umtrunk ein. Da offenbart ihr Mann, dass er nicht nur bald sterben wird, sondern den Rest seines Lebens auch noch mit einer anderen Frau verbringen will. Nun steigert Sally Potter ihr bourgeoises Kammerspiel in einer zu simplen Weise, so dass wahre Konflikte gar nicht entsehen können. Wären da nicht die zynischen, realpolitischen Sätze der feministisch-anarchistischen April, grandios dargestellt von Patricia Clarkson, man würde im Kinosessel versinken. Und dann rettet den Film auch die homosexuelle Schlußpointe nicht. Dabei kommt der Film im 4 zu 3 Format und künstlerischen Schwarz-Weiß daher, als müsse er sich selbst von seiner eigenen Ästhetik überzeugen. Andere wiederum sprachen von einem wirklich gelungenen Beispiel britischen Humors.

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