Harald Mühlbeyer

»Exotik«, »Geschichte« und »Alltag« lauten die drei Aspekte, unter die die Kuratoren die Filme der diesjährigen Retro einordnen.

Lucky

Lucky ist 90 Jahre alt, lebt in einem Wüstenkaff in Arizona und muss eines Tages feststellen, dass sein Körper ihm nicht mehr gehorcht – was allerdings kein Grund ist, seine tägliche Routine grundlegend zu ändern. »Lucky«, das Regiedebüt des Schauspielers John Carroll Lynch, ist eine Liebeserklärung an Harry Dean Stanton, der im Herbst 2017 im Alter von 91 Jahren verstarb
Frank Arnold

Hier hat die Frau die Hosen an – nicht nur eine, sondern gleich beide Frauen, die etwas übrig haben für den Ingenieur Karl Hartmann. Die eine ist seine Mitarbeiterin Olga, die ihm hilft bei seiner großen Erfindung, der Konstruktion eines riesigen Sprengbaggers. Der hätte seinen idealen Einsatzort in Hartmanns Heimat, wo Hartmann, nach Vollendung seiner Konstruktionsentwürfe, Urlaub macht. Denn dort stößt er auf ein Braunkohlevorkommen, woraufhin sein Chef sofort beginnt, die Ländereien aufzukaufen.

Sabine Horst

»Don't Worry, He Won't Get Far on Foot«, zu Fuß kommt der nicht weit: Nennt man so einen Film über einen Menschen, der gelähmt im Rollstuhl sitzt? Man kann das machen. Schließlich stammt der Witz vom Helden selbst: Gus Van Sant porträtiert in seinem Wettbewerbsbeitrag den 2010 gestorbenen amerikanischen Cartoonisten John Callahan, einen Pionier des »politisch unkorrekten« Humors.

Silvia Hallensleben

Berlinale-Feeling? Das ist dieses Jahr vor allem die Sonne durch mein Küchenfenster. Denn ich sitze während der tollen Tage noch mehr als in den letzten Jahren zu Hause. Das ist, so paradox die Auswirkung ist, der guten Auftragslage geschuldet. Und, zugegeben, auch der Tatsache, dass ich mit zunehmendem Alter immer langsamer mit dem Schreiben werde.

Max Ophüls Festival in Saarbrücken

Das traditionsreiche Max Ophüls Festival in Saarbrücken stellte erneut mit einem ambitionerten und heterogenen Programm die ­Bandbreite des deutschsprachigen Nachwuchsfilms vor
Harald Mühlbeyer

Wieder eine Erstaufführung eines restaurierten Stummfilmes; Materiallage hervorragend, tolles Bild; und schön neu viragiert, unaufdringlich – anders als »Opium« –, sehr fein und stimmig. »Abwege« von Georg Wilhelm Pabst, ein »kleiner« Film von 1928. Kein großes Melodram, kein großes Drama, einfach eine Geschichte einer Ehe. Eine Geschichte von Vernachlässigung und von Männern, die sich wegducken.

Ulrich Sonnenschein

Kein Fim der diesjährigen Berlinale, und kaum einer überhaupt, hat so zwiespältige Reaktionen hervorgerufen, wie Eric Poppes Drama »Utøya 22. juli«. Darin bildet der norwegische Regisseur die Anschläge ab, die der rechtsextreme Terrorist Anders Breivik 2011 an Jugendlichen eines Camps der Arbeiterpartei verübte. Utoya ist eine kleine Insel in dem fünftgrößten Binnensee Norwegens und klingt vielleicht nur zufällig nach Utopie, nach einem anderen Leben.

Harald Mühlbeyer

Ein Kriegsfilm, der (fast) keinen Kampf zeigt. »Die andere Seite« will, laut Vorspann, nicht die Stimmung des Kriege, nicht die Romantik des Kämpfens zeigen, sondern Menschen, die sich aufrechterhalten wollen. Wir marschieren mit der Kompanie in die Gräben; für sechs Tage sollen die Soldaten ausharren. Eine Großoffensive des Feindes soll es geben. Man wartet. Raucht. Trinkt. Verdrängt. »Es gibt Grenzen dessen, was ein Mann aushalten kann!«, ruft der Hauptmann, er ist ein alter Kämpe, seit drei Jahren an der Front. Nerven zerrüttet, starker Trinker.

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