59. Hofer Filmtage
»Luisa« (2025). © Daniel Pilar
Die Hofer Filmtage präsentierten in ihrer 59. Ausgabe ein ansprechendes Programm, das unter anderem die Vielfältigkeit des deutschen Films unter Beweis stellte
Beim traditionsreichen Fußballspiel der Hofer Filmtage zwischen einer Auswahl aus Mitgliedern der eingeladenen Filmteams (FC Hofer Filmtage) gegen eine Auswahl Fußballer aus der Region (FC Filmwelt) kam es in diesem Jahr zu einem echten Torfestival; 8 zu 6 für den FC Filmwelt. Analog dazu bot auch das Filmprogramm einige echte Volltreffer im ohnehin ansprechenden Mix aus deutschem Nachwuchsfilm, internationalen Independents, Dokumentarfilmen, Retrospektive (dieses Jahr Julia von Heinz gewidmet) und Hof-Classics (unter anderem mit »Eraserhead« auf 35 mm).
Bei den deutschen Filmen war einmal mehr das Thema Beziehungs-, Familien- und Generationenkonflikte präsent, allerdings mit ganz unterschiedlichen Herangehensweisen. Während Matthias Kreter in »Ein Abend im Dezember« mit messerscharfen Dialogen und bitterbösem Humor ein Familienadventsdinner, das von der Nachricht eines Anschlags in der Innenstadt überschattet wird, eskalieren lässt, erzählt Björn Schürmann in »Balance« mit wenigen Worten, melancholischer Atmosphäre und einem wunderschönen Titelsong von einer schwierigen Vater-Tochter-Beziehung. Alexander Conrads wiederum reflektiert in »Zusammen ist man weniger getrennt« charmant und humorvoll die Ansprüche und Wünsche, die zwei Mittdreißiger an ihr Leben und ihre Beziehung haben, und Ina Balon zeigt in »Plan F« zwei Schwestern Ende vierzig, die sich bei einem rauschhaften Trip durch Berlin wieder näherkommen. »Zusammen ist man weniger getrennt« und »Plan F« teilten sich den Friedrich-Baur-Goldpreis, Ina Balon konnte sich zudem über den Hofer Kritikerpreis für die beste Regie freuen.
Im Bereich des Genrekinos zeigte sich eine Tendenz zu Science-Fiction-Dystopien. »Cyberpunk Romance« von Joscha Douma kreiert in bester »Black Mirror«-Manier eine Welt, in der Menschen ihr Gehirn über USB-ähnliche Anschlüsse im Kopf direkt mit Computern verbinden können. Weitere Vertreter waren »Sunny«, in dem eine Sonneneruption sämtliche Elektronik auf der Welt auslöscht, »Der totale Traum« über das letzte lebende Menschenpaar in einer von Humanoiden besiedelten Welt und die internationale Produktion »Don't Let the Sun« der Schweizerin Jacqueline Zünd (Hofer Kritikerpreis für die beste Produktion), in dem sich das menschliche Leben aufgrund extremer Hitze vollständig in die Nacht verlagert hat. Was die Filme eint: Ihre Welten gestalten sie (natürlich auch budgetbedingt) nicht durch teure Spezialeffekte, sondern mit naturalistischen Settings und geschickt erzeugter Atmosphäre.
Den Förderpreis Deutsches Kino erhielt »Luisa«. Julia Roesler, die gemeinsam mit Silke Merzhäuser auch zum Thema recherchiert und das Drehbuch geschrieben hat, erzählt einfühlsam und respektvoll von sexuellem Missbrauch in einer Gruppe von Menschen mit Behinderungen. Zusammen mit dem inklusiven Cast gelingt es, auch über das Thema Missbrauch hinaus die Lebenswelt von Menschen mit Behinderung einzufangen und mit so manchem Klischee zu brechen.
Als gesellschaftlich wichtig erwies sich auch der Dokumentarfilm »Das Ungesagte«, der mit dem Granit – Hofer Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet wurde. Patricia Hector und Lothar Herzog haben für den Film elf Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der NS-Zeit interviewt. Der Fokus lag dabei auf Beteiligten, Mitläufern und Mittätern, die erstaunlich offen über die Zeit sprechen. Eine ungewohnte Perspektive und vermutlich eine der letzten Chancen, solche Stimmen und Erinnerungen festzuhalten.
Besonderen Wert legen die Hofer Filmtage außerdem auf die Kurzfilme. Vor jedem Langfilm gibt es einen, häufig thematisch auf den Langfilm abgestimmten Kurzfilm mit anschließendem Gespräch. Das mag für den einen oder anderen, der vor allem für den Hauptfilm da ist, etwas langatmig sein, aber es ermöglicht Entdeckungen, die abseits solcher Festivals kaum mehr stattfinden und die zeigen, wie kunstvoll und pointiert solche Kurzformate sein können. Besonders prominent war in diesem Zusammenhang die Premiere von Dominik Grafs »Doppelgänger«, der entstand, weil Graf nach einigem Frust mit der Filmförderung beschloss, ein Projekt ohne jegliche Zwänge umzusetzen. »Wir wollten mit dem Film auf jeden Fall nach Hof«, erklärte Produzent Lennart Heidtmann beim Q & A. Was ansonsten mit dem 38-minütigen Film passiert, sei völlig unklar. Vielleicht sollte man sich den Hofer Filmtagen anschließen und dem Format Kurzfilm etwas mehr Aufmerksamkeit widmen.




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