Asian Americans: Endlich groß im Bild

Namen, die man sich unbedingt merken sollte
»Past Lives – In einem anderen Leben« (2023). © Studiocanal

»Past Lives – In einem anderen Leben« (2023). © Studiocanal

Spätestens seit dem überraschenden Oscartriumph »Everything Everywhere All at Once« ist klar: Hollywood hat mit dem kreativen Input der asiatisch-amerikanischen Community zu rechnen. Patrick Heidmann stellt Schauspieler*innen vor, die in den letzten Jahren Filme und Serien geprägt haben, darunter auch die Hauptdarstellerin von Celine Songs »Past Lives«

Greta Lee

Als Tochter koreanischer Einwanderer wurde Greta Lee in Los Angeles geboren, doch um als Schauspielerin durchzustarten, zog sie nach dem Studium trotzdem lieber nach New York. Am Broadway fasste sie schnell Fuß, vor der Kamera dauerte es etwas länger. Jahrelang spielte sie vor allem kleine Fernsehrollen, von »Nurse Jackie« über »Girls« bis »The Good Fight«. Die Rolle der Partygastgeberin Maxine in der Serie »Matrjoschka« brachte Bewegung in Lees Karriere, es folgten erst ein fester Part in der zweiten Staffel von »The Morning Show« und nun die weltweit gefeierte Hauptrolle im autobiografisch angehauchten Festivalhit »Past Lives« der ebenfalls koreanischstämmigen Celine Song. Demnächst könnte auch das Mainstreampublikum auf die 40-jährige Greta Lee aufmerksam werden: die Vorbereitungen zu einem neuen »Tron«-Film, für den sie neben Jared Leto, Evan Peters und Jodie Turner-Smith vor der Kamera stehen wird, haben bereits begonnen.

Bowen Yang

Asiatischstämmige Comedians sind dieser Tage populär wie nie, und Bowen Yang war früh an vorderster Front mit dabei. Als Sohn chinesischer Eltern in Australien geboren, bevor es erst nach Kanada und schließlich in die USA ging, begann er seine Karriere mit Improcomedy und dem queeren Popkultur-Podcast »Las Culturistas«. 2018 stieß er als Autor zur legendären Show »Saturday Night Live«. Ein Jahr später wurde er dort auch vor die Kamera befördert, was ihm bereits mehrere Emmy-Nominierungen einbrachte. Immer häufiger steht der 32-Jährige allerdings auch als Schauspieler vor der Kamera, sei es als Cousin von Awkwafina in der Serie »Awkwafina Is Nora from Queens« oder zuletzt neben seinem guten Freund Joel Kim Booster in einer der Hauptrollen der schwulen RomCom »Fire Island«. Demnächst folgen eine Rolle in der Musicalverfilmung »Wicked« sowie eine in der Komödie »F**king Identical Twins« von Larry Charles.

Henry Golding

»Crazy Rich« (2018). © Warner Bros. Pictures

Der Brite unter Hollywoods Lieblingsasiaten! Als Sohn eines Engländers und einer Malaysierin wurde Henry Golding auf der Insel Borneo geboren, verbrachte aber den Großteil seiner Jugend in Großbritannien. Nach einer Friseurausbildung in London zog es ihn mit 21 Jahren nach Kuala Lumpur, wo er eine Karriere als Fernsehmoderator begann, die später auch zu einer Reiseshow für die BBC führte. Gleich der erste Kinoauftritt als reiches Muttersöhnchen in der humorvollen Bestsellerverfilmung »Crazy Rich Asians« wurde ein voller Erfolg und zog prompt vielfältige Hauptrollen in »Last Christmas«, »Snake Eyes: G. I. Joe Origins« und der umstrittenen Austen-Adaption »Überredung«, aber auch der sehenswerten schwulen Liebesgeschichte Monsoon nach sich. Inzwischen ist er einer von Guy Ritchies neuen Lieblingsschauspielern (»The Gentlemen«, demnächst »The Ministry of Ungentlemanly Warfare«), und selbst der neue James Bond zu werden, trauen dem 36-Jährigen nicht nur einige britische Buchmacher zu. 

Hong Chau

»Downsizing« (2017). © Paramount Pictures

Doch der Knoten platzte erst, als sie als geschrumpfte, einbeinige Aktivistin fast im Alleingang Alexander Paynes »Downsizing« sehenswert machte. Die beiden höchst unterschiedlichen Serien »Homecoming« und »Watchmen«, die auf jeweils eigene Weise mit Genre-Mechanismen gesellschaftspolitische Themen verhandeln, bescherten ihr anschließend denkwürdige Rollen, seit 2022 gibt es kein Halten mehr. Für Darren Aronofskys »The Whale« bekam sie eine Oscarnominierung als Brendan Frasers verzweifelte Pflegerin und Freundin, für »The Menu« und »Showing Up« von Kelly Reichardt hymnische Kritiken, und »The Night Agent« entpuppte sich als eine der erfolgreichsten Netflixserien aller Zeiten. So geht es hoffentlich munter weiter, denn in Yorgos Lanthimos' übernächstem Film ist sie auch mit von der Partie, und ein Actionthriller mit Matt Damon und Casey Affleck ist abgedreht.

Ali Wong

Lange Zeit war Margaret Cho allein auf weiter Flur, was asiatisch-stämmige Komikerinnen angeht. Doch dann betrat Ali Wong die Szene. Mit Auftritten bei Jimmy Fallon und John Oliver erregte die Tochter einer Vietnamesin und eines Chinese-American erste Aufmerksamkeit, anschließend verdiente sie sich erste Sporen als Autorin der Sitcom »Fresh off the Boat«. Zum neuen Star am Comedy-Himmel wurde sie schließlich 2016 mit ihrem hochschwanger aufgezeichneten, provokant-vulgären Stand-up-Special »Baby Cobra« (es folgten zwei weitere). Seither reiht sich Erfolg an Erfolg, vom Bestseller »Dear Girls« über die romantische Komödie »Always Be My Maybe«, die sie gemeinsam mit Randall Park als Hauptdarstellerin, Drehbuchautorin und Produzentin verantwortet, bis zur Animationsserie »Tuca & Bertie«. Für die gefeierte Serie »Beef«, für die sie als wütende SUV-Fahrerin neben Steven Yeun vor der Kamera stand, wurde sie jüngst erstmals als Schauspielerin für den Emmy nominiert.  

Stephanie Hsu

Rekordträchtige vier Oscarnominierungen gab es in diesem Jahr für Schauspieler*innen mit asiatischen Wurzeln, und Stephanie Hsu – im Rennen als queere und zusehends frustrierte Tochter (sowie deren Entität) in »Everything Everywhere All at Once« – war unter ihnen sicherlich die unbekannteste. Nach ihrem Broadway-Einstand in »The Spongebob« Musical hatte sie kleinere Auftritte in »Awkwafina Is Nora from Queens «oder »Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings«, außerdem war sie in der dritten Staffel von »The Marvelous Mrs. Maisel« mit von der Partie. Seit »EEAAO« ist die taiwanstämmige Kalifornierin nun dauerpräsent, ob in Episodenrollen in »Poker Face« (wo auch Hong Chau in einer Folge zu sehen ist) oder »American Born Chinese« mit ihren »EEAAO«-Eltern Michelle Yeoh und Ke Huy Quan. Und natürlich in der turbulenten Komödie »Joy Ride« (ab 24.8. im Kino), dem Regiedebüt von Adele Lim. Kommendes Jahr folgt für die 32-Jährige dann auch noch die Leinwandversion der Serie »Ein Colt für alle Fälle« mit Ryan Gosling. 

Steven Yeun

Mit Improvisationscomedy auf Chicagoer Bühnen begann Steven Yeun, der in Seoul geboren wurde und später in Kanada und den USA aufwuchs, seine Karriere. Doch bekannt wurde er 2010 schließlich als netter Pizzalieferant inmitten der Zombie-Apokalypse der Erfolgsserie »The Walking Dead«. Dass er mehr ist als ein Seriendarsteller, stellte Yeun aber in der Zusammenarbeit mit Regisseuren aus der alten Heimat unter Beweis: Bong Joon-ho besetzte ihn in »Okja«, wenig später begeisterte er als eiskalter Manipulator in der Murakami-Verfilmung »Burning« von Lee Chang-dong. Seither ist er auch in den USA der Liebling aller coolen Filmemacher*innen, erhielt eine Oscarnominierung für die Rolle eines liebevollen Vaters, der seiner koreanischen Familie ein neues Zuhause in Arkansas bieten will, in »Minari« von Lee Isaac Chung und gehörte zum Ensemble von Jordan Peeles »Nope«. Zuletzt zeichnete er gemeinsam mit der Komikerin Ali Wong als Hauptdarsteller und Executive Producer der gefeierten Serie »Beef« verantwortlich. Außerdem stand er abermals vor der Kamera von Bong Joon-ho: Dessen englischsprachiger Science-Fiction-Film »Mickey 17« mit Robert Pattinson, Mark Ruffalo und Toni Collette soll im Frühjahr 2024 ins Kino kommen. 
 
Charles Melton

»The Sun Is Also a Star« (2019). © Warner Bros. Pictures

Wer ist denn dieser enigmatisch wirkende junge Mann, dachten sich vergangenen Mai diverse Zuschauer*innen, als Charles Melton in Todd Haynes' »May December« schauspielerisch mit Julianne Moore und Natalie Portman mithalten konnte. Im melodramatisch aufgeladenen Cannes-Wettbewerbsbeitrag spielt er einen Familienvater, der mit seiner deutlich älteren Frau skandalträchtig schon als Teenager zusammenkam. Das jugendliche Publikum ist unterdessen längst im Bilde, ist der in Alaska geborene Sohn einer Koreanerin und eines Amerikaners doch bereits seit 2017 einer der Hauptdarsteller*innen der Serie »Riverdale« und war obendrein in »The Sun Is Also a Star« der erste männliche Asian American im Zentrum einer von einem Hollywoodstudio produzierten Teenromanze. Auch im Actionhit »Bad Boys For Life« sowie der Serie »American Horror Story« war der 32-Jährige schon zu sehen, außerdem spielt er – wie Stephanie Hsu oder Hong Chau – eine Episodenrolle in der famosen Serie »Poker Face«. Doch darauf, dass die Aufmerksamkeit für ihn ganz neue Dimensionen annehmen wird, wenn Netflix »May December« auch offiziell ins Oscarrennen schickt, sollte sich Melton schon mal einstellen.

Awkwafina

»The Farewell« (2019). © DCM

Weniger ihre offenherzigen Texte als die Aneignung afroamerikanischer Sprache sorgte für Kontroversen, als Awkwafina – geboren als Nora Lum – ihre Karriere als Rapperin begann. Die New Yorkerin mit chinesischen und koreanischen Wurzeln schwenkte aber ohnehin bald auf die Schauspielerei um. Auf komödiantische Auftritte in »Ocean's 8« oder »Crazy Rich Asians« folgte die Hauptrolle in Lulu Wangs preisgekröntem Drama »The Farewell«: Für die ungewohnt stille, nuancierte Darstellung einer jungen Frau, die ihre sterbende Oma in China besucht, wurde sie unter anderem mit dem Golden Globe ausgezeichnet. Meist findet Hollywood für die 35-Jährige vor allem Verwendung in humorvollen Nebenrollen (»Renfield«) oder als Sprecherin Raya und der letzte Drache«, »Die Gangster-Gang«, »Arielle, die Meerjungfrau«). Aber dank »Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings« ist sie inzwischen Teil des Marvel-Universums und hat mit »Awkwafina Is Nora From Queens« seit 2020 auch eine eigene, autobiografisch inspirierte Serie. Bereits abgedreht ist eine von Will Ferrell produzierte Schwesternkomödie zusammen mit Sandra Oh.

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