Kritik zu Hasta la vista

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Nicht das erste Mal, dass ein belgischer Film schrägen Humor, schräge Menschen und schräges Verhalten in richtiger Mischung präsentiert: Geoffrey Enthovens Tragikomödie über drei behinderte Männer, die ihre Jungfräulichkeit verlieren wollen

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Obwohl wir in einer, wie man so sagt, »durchsexualisierten« Gesellschaft leben, gibt es noch immer ein paar wenige Bereiche, mit denen man nicht gerne konfrontiert wird: so etwa die sexuellen Bedürfnisse behinderter Menschen, rührt dieses Thema doch an Tabus und bricht mit dem zeitgenössischen Ideal des makellosen Körpers. In seiner Tragikomödie »Hasta la vista« nimmt Regisseur Geoffrey Enthoven sich nun genau dieser der Frage an. Als Inspiration diente ihm dabei die aufsehenerregende Geschichte des fast komplett gelähmten Amerikaners Asta Anthony Philpot, der 2006 gemeinsam mit zwei ebenfalls behinderten Bekannten zu einem spanischen Bordell aufbrach.

Die Konstellation in »Hasta la vista« ist beinahe identisch. Der vom Hals abwärts gelähmte Philip ist Ende 20 und träumt davon, endlich einmal Sex zu haben. Seinen besten Freunden, dem querschnittsgelähmten Lars und dem fast blinden Jozef, geht es nicht anders: Sie wollen nicht als Jungfrauen sterben.Als Philip erfährt, dass es an der spanischen Küste ein Bordell gibt, in dem auch behinderte Männer willkommen sind, brechen die drei ohne das Wissen ihrer Eltern zu einem Männertrip ans Mittelmeer auf. Als illegal angeheuerte Fahrerin und Betreuerin steht ihnen die Französin Claude zur Seite, die durch ihr massives Übergewicht kaum weniger eine gesellschaftliche Außenseiterin ist als ihre Schützlinge.

Ein wenig wirkt »Hasta la vista« wie eine Variante der deutschen Erfolgskomödie »Vincent will Meer«. Allerdings setzt Geoffrey Enthoven nicht auf skurrilen Humor und schräge Verwicklungen, sondern auf einen nur sanft überzeichneten Realismus. Er nimmt das Thema ernst genug, um aus der Tour seiner Protagonisten keinen zotigen »Roadtrip« zu machen, sondern ein anrührendes Plädoyer für Selbstverantwortung. Der angestrebte Sex wird dabei immer mehr zum Platzhalter für das viel fundamentalere Bedürfnis, Herr seines eigenen Lebens zu sein.

Lars, Jozef und Philip erscheinen in fast allen Situationen lebensecht und haben bei aller Sympathie auch ihre nervtötenden Seiten. Gelegentlich wirkt es, als würden sie ihren »Behindertenstatus« als Freibrief für abstoßende Benehmen ausspielen. Tatsächlich entlarvt der Film in diesen Momenten jedoch die Vorurteile des Publikums, denn bei genauerem Hinsehen fordern die drei mit ihrem Verhalten nur eines heraus: als ganz normale Menschen behandelt zu werden. Und gerade die beiläufigen Grenzen, an die sie dabei stoßen, machen das Ganze so berührend.

Natürlich ist das ungleiche Trio ein bisschen arg filmgerecht zusammengestellt, vor allem der gut aussehende Lars wirkt wie ein durchschaubares Zugeständnis an die Publikumserwartung – wer würde diesem süßen Blondschopf keinen Sex gönnen? Vor der Inszenierung des eigentlichen Akts schreckt der Film dann aber doch zurück. Auch das tränendrückende Ende fällt konventioneller aus, als die Ausgangsidee vermuten lässt. Aber das sind lässliche Fehlgriffe bei einem Film, der ganz am Rand sogar die Dienstleistung der Prostitution in einen ganz neuen Kontext stellt.

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