Alexandra Seitz

Filmkritiken von Alexandra Seitz

Aus dem Trojanischen Krieg kehrt Odysseus nicht als strahlender Held zurück, sondern als erschöpfter alter Mann, den nur sein Hund noch erkennt. Seine Frau und sein Sohn stehen unter gesellschaftlichem Druck, den Ehemann und Vater für tot zu erklären, denn Warten bedeutet auch Stagnation. Kein glamouröser Kostümschinken, vielmehr die nüchterne Konfrontation von zweierlei Trauma: das des Heimkehrers mit dem der Daheimgebliebenen.
Luc Bessons Beitrag zum Dracula-Stoff legt den Schwerpunkt überraschend aufs Romantische. Die engagierten Hauptdarsteller gehen in die Vollen. Und nicht nur das Motiv der ewigen Liebe, sondern auch Fragen nach Seelenheil und Erlösung sorgen für thematische Vielfalt, gehen im Besson-üblichen Gewalt-Spektakel aber auch etwas unter.
Ben Leonberg wählt für seinen Horrorfilm die Perspektive seines Hundes und erzählt viel mehr als eine simple Gruselgeschichte. Formal wie inhaltlich ein Experiment, herausragend gelungen.
Starkes Spielfilmdebüt, das sich des schweren Themas adoleszente Depression mit leichter Hand annimmt. Tonale Wechsel und stilistische Extravaganzen bergen Risiken, die die mutige Regie in Chancen wandelt.
Minimalistische, aber hochgradig bewegende Sci-Fi-Romanze aus der Ukraine: Ein Mann und eine Frau, die Letzten ihrer Art, weit voneinander entfernt im All; und doch werden sie zueinander hingezogen.
Eigentlich wollte Sarah die Öffentlichkeit über sinistre Machenschaften ihres Arbeitgebers informieren, dann bekommt sie kalte Füße. Und ein temporeiches Katz-und-Maus-Spiel beginnt. Ein Thriller wie aus dem Lehrbuch; Köpfchen schlägt Fäustchen.
Vor drei Jahren legte das Regieduo Philippou mit seinem Debüt die Latte im Horrorgenre hoch, jetzt nehmen sie dieselbe mit ihrem Zweitling souverän. Zwei kürzlich verwaiste Halbgeschwister kommen bei einer Pflegemutter unter. Rituelle Operationen an der Grenze zum Jenseits beschwören neuerlich Katastrophisches. Bitte anschnallen!
Schlauer Dokumentarfilm über eine den »Reichsbürgern« nahestehende Szene, in der turbokapitalistische Selfmade-Wertschöpfung, faschistoide Geisteshaltung und alchemistische Praxis einen gefährlichen Urschlamm ergeben.
Eine alte Frau lebt mit einem Streunerhund auf einer Industriebrache am Rande Moskaus. Spenden sie einander Trost in der Unbehaustheit oder projizieren die Frau und der Hund (lediglich) ihre Träume aufeinander? Die Perspektive der Erzählung richtet sich vom Vier- auf den Zweibeiner, dreht das Machtverhältnis im Hund-Mensch-Gebilde um und stößt das Denken an.
Live-Action-Remake des erfolgreichen Animationsfilms, in dem das turbulente Märchen vom Wikingerbuben Hicks erzählt wird, der sich mit dem Drachen Ohnezahn anfreundet. Obwohl Wikinger das natürlich eigentlich überhaupt nicht dürfen. Den resultierenden Problemen aller Art wird sodann frech die Stirn geboten. Auf Krach und Krawall folgen Friede, Freude, Eierkuchen.

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Sieht ganz knuffig aus, so mit der Knete – ist aber kein Kinderfilm. Adam Elliot geht in »Memoiren einer Schnecke« dahin, wo es wehtut. Damit steht er in die dunkle Seite des Animationsfilms.
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