Alexandra Seitz
Filmkritiken von Alexandra Seitz
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Für Pinguinfans wird im vermeintlichen Sequel zu »Die Reise der Pinguine« von 2005 eher wenig geboten, dafür sind die Bilder der Reise von den Anden über Feuerland in die Antarktis von erhabener Schönheit. Man wünschte nur, sie würden nicht wahlweise von einem esoterisch verquasten Voice-over zugequatscht oder von pathetischer Musik unnötig verdoppelt.
Erzählerische Unbekümmertheit, visuelle Eleganz und drastische Gewaltausbrüche prägen diese wilde Geschichte vom Spuk auf einem Luxus-Ozeanriesen, der zur Touristenattraktion verkommen ist. Oder war die Queen Mary womöglich schon immer ein Geisterschiff? Ein Film für Leute, die es nicht so genau nehmen und ihre interpretatorischen Geistesblitze gern auch mal in die totale Finsternis hineinfeuern.
Ein Bub, der seine Mutter verloren hat, bricht in eine fantastische Welt auf und erfährt einige Wahrheiten über das Dasein. Hayao Miyazaki, in Kürze 83, packt alles in diesen Film, was er noch sagen wollte. Zum Glück ergibt sich daraus keine wirre Rede, sondern ein assoziatives Narrativ über den Fortgang des Lebens im Angesicht des Todes. Sowie darüber, wie schön es wäre, würden wir die Zeit hienieden besser nutzen.
Zwei kanadische Rucksacktouristinnen jobben als Barfrauen im australischen Outback. Dass das nicht gutgehen kann, lehrt nicht nur die Filmgeschichte. Nach ihrer Weinstein-Parabel »The Assistant« legt Kitty Green eine weitere spannungsvolle Betrachtung der Macht-Machinationen zwischen Männern und Frauen vor.
Herausragendes Horror-Drama in der Pampa: Aussteiger-Ökobauern aus Frankreich treffen auf alteingesessene galizische Viehhalter; Weltbilder prallen aufeinander und statt nach der Gemeinsamkeit zu suchen, wird die Kontroverse zugespitzt. Gewalt steht gegen Moral und einmal mehr wird das wilde Tiere von der Zivilisation nur eben gerade noch in Schach gehalten.
Kostengünstig, schlicht und höchst effektiv in Szene gesetzter Tier-Horror der etwas anderen Art: ein Millionen-Erbe lebt mit einem als Hund verkleideten Mann zusammen; sein Internet-Date zeigt sich angesichts dessen »offen für Neues« – und schon landet man auf wohlbekanntem Psychopathenterrain. Es folgt finsterstes Treiben im schönsten Sonnenlicht.
Drei frisch gebackene Abiturientinnen fahren nach Italien, um die Freiheit zu genießen. Der »Ernst des Lebens« kommt nach einer Reifenpanne aber schon deutlich früher. Mit leichter Hand inszenierter Coming-of-Age-Film, der der Schwere des Themas gerecht wird.
Titina war der Name der Terrierhündin, die gemeinsam mit dem italienischen Luftschiffbauer Nobile und dem norwegischen Entdecker Amundsen 1926 den Nordpol überflog. Næss erzählt dieses Abenteuer in ihrem Animations-Langfilm-Debüt unaufgeregt, in klaren Farben, warmherzig und mit viel Humor. Und immer hat sie dabei noch Zeit, ins Surreale auszufliegen.
Eine Familie besucht eine andere Familie, die sie im Urlaub kennengelernt hat. Rasch stellt sich heraus, dass diese Leute doch nicht so nett sind, wie man dachte. Tafdrup nimmt sich die höfliche Konvention vor, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und denkt die Möglichkeit des bösen Spiels mit kalter Grausamkeit zu Ende. Ein Horrorfilm in der Tradition von Michael Hanekes »Funny Games«, auch wenn der das vermutlich eher nicht so sehen würde.
Ein junger Staatsanwalt aus einer Großstadt scheitert in einer entlegenen anatolischen Kleinstadt an knochenharten korrupten Strukturen und ein wenig auch an seiner eigenen Selbstüberschätzung. Ein weiteres herausragendes Werk des herausragenden türkischen Filmemachers Alper, analytisch, spannend, unheimlich und brandaktuell.
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