Ulrich Sonnenschein

Eine Berlinale der Frauen nannte Dieter Kosslik seine letzten Filmfestspiele, und das bezog sich nicht nur auf die Retrospektive, die sich ja auf Frauenfilme aus den Jahren 1968 – 99 konzentriert. Auch im Wettbewerb treten erstmalig 7 Regisseurinnen im Kampf um den goldenen Bären an, das ist weit über dem Durchschnitt dessen, was wir an den Kinokassen erleben.

Frank Arnold

Am Büchertisch im Cinemaxx kann man ein »Best of« ihrer Arbeiten erwerben, »The Age of Movies«, ein dicker Band (864 Seiten), quer durch die Jahrzehnte, das wäre mal ein Anfang, um die Texte der 2001 verstorbenen amerikanischen Kritikerin Pauline Kael kennenzulernen. Man könnte aber auch das Heft der (leider nicht mehr existierenden) Filmzeitschrift »Steadicam« hervorkramen, in dem sie einst gewürdigt wurde, auch mit Erstübersetzungen von Texten. Oder gleich das Dutzend jener Sammelbände (mit den meist zweideutigen Titeln) erwerben, in denen ihre Texte versammelt sind.

Silvia Hallensleben

An alle Neider des Filmjournalistinnen-Daseins: Sitze seit vorgestern Abend mal wieder ununterbrochen zwischen Sofa, Schreib- und Küchentisch zu Hause und schreibe unter Zeitdruck Texte. Blöderweise ist gestern noch die Waschmaschine kaputt gegangen, in vollem Zustand, so muss ich jetzt zwischen dem Schreiben T-Shirts und Hosen mit der Hand ausspülen, damit nicht bald alles modert und stinkt. Zum Bloggen bleibt da keine Zeit und Energie. Und bei Essen reicht es auch nur noch für Käsestangen und Erdnüsse. Aber gerade den letzten Text für's erste Mittwoch abgeliefert.

Christian Hein

Los Angeles in der flirrenden Hitze des Sommers. Stevie (eine Entdeckung: Sunny Suljic) lebt mit seiner Mutter und dem großen Bruder Ian in einem kleinen Haus in einer ärmeren Gegend von L.A.. Auf der Suche nach Freunden traut er sich letztendlich in den lokalen Skate-Shop und findet in den Jungs die dort abhängen eine Ersatzfamilie. Sein prügelnder älterer Bruder Ian (Lucas Hedges), selbst verbitterter Einzelgänger, und seine Mutter sind für ihn keine Hilfe dabei herauszufinden wie das Erwachsenwerden gehen soll.

Harald Mühlbeyer

Von Herrmann Zschoche kenne ich »Karla«, der lief 2016 in der Berlinale-Retro; über »Karla« redete Dieter Kosslick bei seiner Laudatio an Zschoche, der die Berlinale-Kamera erhielt, ausführlich. Und Zschoche selbst nannte seinen Film »Das Mädchen aus dem Fahrstuhl«, seine letzte DEFA-Produktion von 1990, eine Fortsetzung von »Karla«.

Jens Balkenborg

»Öndög« gehört zu den schönsten Filmen in diesem Jahr. Und zu den ruhigsten. Wang Quan'ans 100 Minuten totale Entschleunigung inmitten der mongolischen Steppe sind ein angenehmes Kontrastprogramm zu dem teils eng getakteten Binge-Watch-Marathon des Festivals. Erstmal herunterkommen, herrlich! Mit »Öndög« kehrt der chinesische Drehbuchautor und Regisseur zurück in die Welt von »Tuyas Hochzeit«, mit dem er 2007 den Goldenen Bären gewann.

Ulrich Sonnenschein

Schon im Vorfeld war Fatih Akin der Star der deutschen Wettbewerbsbeiträge. Er ist der einzige Preisträger in diesem Jahrhundert, sein Film »Gegen die Wand« gewann 2004 den goldenen Bären. Mit Spannung wartete man also auf den Einlass zu Akins neuem Film »Der goldene Handschuh«. Zumal der zugrundeliegende Roman von Heinz Strunk schon vielfach gelobt worden war. Und dann das.

Ulrich Sonnenschein

Manchmal übersieht man sie, die kleinen Perlen der Berlinale, wie zum Beispiel Seamus Murphys Dokumentarfilm »A Dog Called Money« im Panorama. Hier zeigt der irische Fotograf und Filmemacher wie ein experimentelles Pop-Album entsteht. Und die Fans von PJ Harvey werden sich den Film ohnehin nicht entgehen lassen. Aber man muss gar kein Fan der britischen Sängerin sein, um diesen außergewöhnlichen Film genießen zu können. Zwischen Kabul, Afghanistan, dem Kosovo und Washington D.C.

Ulrich Sonnenschein

Vorweg, es ist sicher kein Meisterwerk, aber es haben schon weitaus schlechtere Filme die Berlinale eröffnet als Lone Scherfigs »The Kindness of Strangers«. Nicht so, wenn man das Presseecho betrachtet. Von Kitsch und Klischees ist da die Rede, von einer Schmonzette, in deren leeren Räumen die Figuren umher stolpern und von einem politisch irrelevanten Gefühlskino. Warum werden die Urteile so hart, wenn es um »kindness« geht, um Güte und Gefälligkeit, darum, sich für eine sehr begrenzte Zeit einmal märchenhaft wohl zu fühlen?

Harald Mühlbeyer

»Nie wieder schlafen, nie mehr zurück« heißt der Film von Pia Frankenberg laut Vorspann; offiziell angekündigt ist er als »Nie wieder schlafen«: Drei Freundinnen auf Berlin-Besuch, eigentlich als Gäste einer Hochzeit, von der verabschieden sie sich bald und lassen sich durch die Stadt treiben. Es ist, laut Einblendung, Spätsommer 1991, die Stadt ist im Aufbruch, muss sie auch sein, weil vieles gerade im Abbruch befindet.

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