Kritik zu Weißt du noch

© Majestic Filmverleih

2023
Original-Titel: 
Weißt du noch
Filmstart in Deutschland: 
21.09.2023
L: 
90 Min
FSK: 
6

Im neuen Film von Rainer Kaufmann wagen Senta Berger und Günther Maria Halmer als zusammen alt gewordenes Ehepaar eine Zeitreise zurück in die eigenen Erinnerungen

Bewertung: 4
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Wenn ein älterer Mann von einem Freund konspirativ eine blaue Tablette zugesteckt bekommt, dann denkt man natürlich erst mal an Viagra. Tatsächlich geht es auch hier um die Wiederbelebung einer über die Jahre abgenutzten Liebe, aber auf weniger profan mechanische als auf magische Weise.

Was passiert eigentlich zwischen einem Mann und einer Frau, die sich verlieben, viele Jahre immer enger zusammenwachsen, Kinder großziehen, bis sie immer weiter auseinanderdriften, am Ende nur noch nebeneinanderher leben? Wie also werden aus verliebten Menschen resignierte Routinepaare? An welchem Punkt wurden die Weichen falsch gestellt? Das sind die Fragen, vor denen viele Menschen resignieren und die wohl auch Rainer Kaufmann und seinen bewährten Drehbuchautor Martin Rauhaus beschäftigen. Könnte es sein, dass das Glück einfach nur zugeschüttet wird, von den Abfällen des Alltags?

Marianne und Günther sind seit mehr als fünfzig Jahren verheiratet, sie leben in einem licht und gemütlich eingerichteten Häuschen in der grünen Stadtrandsiedlung, die Kinder sind aus dem Haus, und eigentlich könnte jetzt ein neuer Lebensabschnitt beginnen, wäre da nicht der Missmut von Günther. Wie viele betagte Eheleute haben sie sich auf dem langen gemeinsamen Weg verloren, vergessen, sind aus unterschiedlichen Gründen unzufrieden, weshalb er unablässig grantelt und sie resigniert stichelt. Doch dann organisiert Günther zum Hochzeitstag eine »Zeitreise« und damit die ein wenig fantastische, aber doch auch reelle Chance, die glücklicheren Zeiten anzuzapfen. »Es dauert ein Weilchen, bis die Wirkung einsetzt«, gibt Günthers Freund (Konstantin Wecker) ihm mit auf den Weg und: »Es hält nicht lange an, aber es ist es wert.«

Dann sitzen sie am Esstisch und warten auf die Wirkung, ein Aspirin wirke doch auch in zehn Minuten, mault Marianne nach einer Stunde, als ihr plötzlich der Name des Showmasters einfällt, auf den sie beim Kreuzworträtsel nicht kam. Und die vielen komplizierten Städtenamen, die sie bei Günthers Demenztest wiederholen sollte. Doch es geht natürlich um viel mehr als nur die kognitiven Fähigkeiten. 

»Weißt du noch« ist ein Kammerspiel, in dem ununterbrochen geredet wird, zunächst ganz beiläufig alltäglich, dann zunehmend anregend und prickelnd. Das Wunder dieses Films besteht darin, wie Senta Berger und Günther Maria Halmer, die über diverse Serien und Filme hinweg auch schon eine lange Zeit fiktiv verheiratet waren, diese kleine, große Geschichte zum Strahlen bringen. »Weißt du noch?«, beginnen sie einander zu fragen, und die Erinnerungen wecken den alten Zauber, vom Urlaub an der Amalfi-Küste, von der Reise in die Champa­gne. Und dann zieht Marianne das rote Kleid an, in dem sie beim Segeln zum ersten Mal mit Günther tanzte, und man fragt sich, ob es dasselbe sein könnte, von dem Senta Berger mal beim deutschen Filmpreis mit Stolz erzählte, dass es ihr immer noch passe. Die Kinomagie und die Realität, sie verbinden sich hier aufs Allerschönste.

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