Kritik zu Infinity Pool

© Universal Pictures

In seinem dritten Spielfilm setzt Brandon Cronenberg der satirischen Betrachtung westlicher Bohemiens mit der typischen Beimischung von Body-Horror noch eins drauf

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Ein großes Talent scheint er eher nicht zu sein, der Schriftsteller James Foster (Alexander Skarsgård), gerade mit seiner Ehefrau Em (Cleopatra Coleman) in einem Luxusresort in einem fiktiven südosteuropäischen Land angekommen. An seinem zweiten Roman beißt er sich die Zähne aus, quält sich damit, etwas zu Papier zu bringen – der erste wäre wohl nie erschienen, hätte er nicht die Tochter eines reichen Industriellen geheiratet. Dass er ausgerechnet jetzt an diesem entlegenen Ort einen Fan seines Debüts trifft, ist schon ein merkwürdiger Zufall. Als solcher jedenfalls gibt sich die junge Gabi Bauer (Mia Goth) zu erkennen, die James hier in Begleitung ihres nicht mehr ganz so jungen Ehemannes Alban (Jalil Lespert) trifft.

Gabi ist die klassische Femme fatale, deren Mission es scheint, James aus seiner Komfortzone zu locken, was nicht zuletzt auf Kosten der einheimischen Bevölkerung geht. Aber wer Geld hat, hat auch Macht – was hier so weit geht, sich freikaufen zu können von begangenem Unrecht.

Denn als James nach einem nächtlichen Ausflug betrunken einen Einheimischen überfährt, droht ihm die Todesstrafe – vollzogen durch den Sohn des Opfers, wie es die Gesetze des Landes vorschreiben. Allerdings verfügt dieses archaische System, in dem die Urlauber davor gewarnt werden, die Umzäunung ihres Ferienresorts zu überschreiten, paradoxerweise über eine einmalige Technologie, nämlich Menschen zu klonen. Diese ermöglicht es James (gegen eine angemessene Bezahlung), der Hinrichtung seines Klons beizuwohnen – ein Privileg, das den Reichen vorbehalten ist, davon erzählte Brandon Cronenberg schon in seinem Debüt »Antiviral«.

Die Chance, ungestraft die Regeln brechen zu können, macht süchtig (Gabi und Alban kommen in jedem Sommer hierher), das Spektakel, dem eigenen Tod – wiederholt – zusehen zu können, lässt die Touristen immer weiter der Lust am Exzess frönen; Drogentrips verursachen Alpträume, in denen es Orgien gibt, bei denen sich die Körper grotesk verformen, James’ Passivität mündet in Unterwürfigkeit, die ihren Gegenpol in Gabis aggressiver Direktheit findet – schon bei einer frühen Begegnung legte sie Hand an ihn. Skarsgård und Goth verkörpern ihre Rollen mit großer Intensität.

Waren die Experimente mit menschlichen Körpern und Geisteszuständen in den Filmen von David Cronenberg weitgehend unter Kontrolle, unterstützt durch eine Inszenierung, die mit langen Einstellungen und sanften Kamerabewegungen arbeitete, so betont sein Sohn Brandon das Moment des Kontrollverlusts. Schon in seinen beiden vorangegangenen Filmen »Antiviral« und »Possessor« liefen die Experimente nicht problemlos ab, in »Infinity Pool« dagegen ist das Einreißen aller Schranken das erklärte Ziel. Das rechtfertigt die visuellen Exzesse und die drastischen Bilder, die hier immer einen Moment länger dauern als in den Filmen seines Vaters. Man darf gespannt sein, ob der Filmemacher in seinem nächsten Werk dem noch eins draufsetzen kann.

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