8 Stunden für einen Film? Der geschulte Forumsbesucher bei der Berlinale zuckt da nur die Schultern und sagt, »na und«? Hatten wir doch alles schon. Für mich allerdings war das neu. Ich habe Edgar Reitz´ erste »Heimat« mal im Kino gesehen, das ging eine ganze Nacht und noch länger, aber das war eher eine Party, mit viel Bier, einem hausgemachten Büffet und einer großen Gruppe von enthusiastischen Freunden. Im Berlinale Palast heute morgen sah das anders aus.
Es ist kein Urlaub den der Lehrer Antek Liebmann (Godehard Giese) in dem idyllischen französischen Dörfchen antritt, das wird schnell klar: etwas Schreckliches muss in der Heimat geschehen sein. Die Fragen des Vermieters seiner Ferienwohnung beantwortet er einsilbig, bei unangenhemen Themen versteckt er sich hinter der schützenden Sprachbarriere. Der Streifzug durch den angrenzenden Wald, in dem ein Mord geschehen ist, und eine Beobachtung als er die aufgeweckte Tochter der sympathischen Nachbarin Geneviève (Adeline Moreau) abliefert, fungieren als Trigger und zwingen Antek zur Reflektion.
Häufiger werde ich in den letzten Tagen gefragt, wo ich denn stecke und warum man mich nicht trifft. Das frage ich mich auch, also nach dem warum. Wo ich stecke, weiß ich schon ziemlich genau, nämlich entweder am Schreibtisch oder auf dem Sofa, von wo ich in meiner Google-Cloud mehr oder weniger gelungene Texte verfertige. Ab und zu gibt es dann zur Belohnung eine kleine Stippvisite in die echte oder medial vermittelte Wirklichkeit, um nicht ganz den Realitätsbezug zu verlieren.
»Märchen haben eine dunkle Seite an sich und sind eben nicht nur Feenstaub und Disney-Glitzer!« Klare Worte von Regisseur Tomm Moore auf die Frage, ob der teilweise düstere Look seiner Filme Kinder nicht verstören könne. »Ich will Kinder natürlich nicht erschrecken, aber ich mache nicht nur Glücksbärchi-Gedöns.«
Von weit hinten kommen die Credits auf den Betrachter zu, rollen dann nach oben weg: Ob George Lucas seinen Sternenkriege-Vorspann bei James Whale abgeguckt hat, kann ich nicht beurteilen. Denn ich kenne die bisher bekannte Fassung des Filmes »The Road Back« von 1939 nicht, vielleicht ist da der Vorspann ganz anders gestaltet. Hier jedenfalls wurde als Berlinale Classic die ursprüngliche 1937er-Version in restaurierter Fassung uraufgeführt: Eine Fassung, die bis vor ein paar Jahren als verloren galt.
Zweimal Vergangenheitsbeschwörung und ein magischer Film aus China: ein Zwischenbericht mit den letzten Filmen der Berlinale – »Genius« von Michael Grandage, »Alone in Berlin« von Vincent Perez und »Crosscurrent« von Yang Chao
Sebastian Schippers »Victoria« wurde von unseren Lesern zum deutschen Film des Jahres 2015 gewählt und auf der Berlinale mit dem epd Film-Leserpreis ausgezeichnet
Es könnte so einfach sein: Lydia (Karin Franz Körlof) liebt Arvid (Sverrir Gudnason). Arvid liebt Lydia. Aber weil er kein Geld hat, heiratet sie den reichen, älteren Roslin (Sven Nordin) und Arvid die adrette, aber harmlose Dagmar (Liv Mjönes). Beide Paare kriegen eine Tochter: Marianne und Anne Marie. Einige Jahre später begegnen sie sich wieder und beginnen eine Affäre, die Regisseurin Pernilla August (die Sci-Fi-Fans als Shmi Skywalker aus »Star Wars« bekannt sein dürfte) in furchtbar kitischigen Bildern einfängt.
Mehr Hommage ans alte Hollywood als Satire aufs Studiosystem ist der neue Coen-Film »Hail, Caesar!« in erster Linie eine Nummernrevue mit allerdings sehr hübschem »Re-enactment« ausgestorbener Genres
Walter Henn war verstorben, mit nur 31 Jahren: Er hätte eigentlich Regie führen sollen bei der Hansjügern Pohland-Produktion der Günter Grass-Novelle »Katz und Maus«. Nun übernahm Pohland, ebenfalls 31, auch die Inszenierung. Und Michael Klier, damals 21, filmte eine kleine Reportage über die Vorproduktion: Pohland bei Besprechungen, bei Locationsuche in Polen, am Telefon mit Grass, mit London, mit seiner Frau. Der Produzent Pohland gewähre dem Regisseur Pohland die Freiheit beim Filmen, die sonst nur ein Schriftsteller habe, erklärt Klier.