Kritik zu One Battle After Another
Mit seiner zweiten Thomas-Pynchon-Verfilmung – nach »Inherent Vice« – gelingt Paul Thomas Anderson ein kleines Kunststück: die Versöhnung von Action und Entspanntheit, Abgründigkeit und Humor
Er habe 25 Jahre lang den Traum gehabt, einen Film in der Wüste zu drehen, in dessen Zentrum eine Verfolgungsjagd per Auto steht, sagt Paul Thomas Anderson im Interview mit epd Film. Ähnlich lange trug er sich mit dem Gedanken, Thomas Pynchons Roman »Vineland« auf die Leinwand zu holen. Mit seinem zehnten Spielfilm »One Battle After Another« hat Anderson nun beide Pläne in gewisser Weise in die Tat umgesetzt – und nebenbei seinen vielleicht politischsten Film gedreht. Auf den ersten Blick zumindest. Denn, so formuliert er es selbst: »Diese Geschichte handelt so sehr von der Politik, wie Boogie Nights von Pornos handelte.«
Mit politischem Kampf jedenfalls setzt »One Battle After Another« ein. Eine Gruppe militanter Widerständler*innen, genannt »The French 75«, widmet sich dem Kampf gegen das reaktionäre Establishment. Gleich in der ersten Szene befreien sie Hunderte Insassen einer Abschiebehaftanstalt, auch das Büro eines sich für ein Abtreibungsverbot einsetzenden Senators wird bombardiert; Banküberfälle halten die Aktionen am Laufen. Bob Ferguson (Leonardo DiCaprio) ist in dieser Truppe eine eher kleine Nummer, anders als seine weit radikalere Lebensgefährtin Perfidia Beverly Hills (eindrucksvoll: Teyana Taylor). Doch von der ist nach der anfänglichen Aktion im ICE-Lager auch der perfide Militärmacho Col. Steven Lockjaw (Sean Penn, stark wie lange nicht) besessen – und als er sie unter Druck setzt, versucht Perfidia, auf Kosten ihrer Mitstreiter*innen und nicht zuletzt der eigenen Familie samt neu geborenem Baby ihre Haut zu retten.
Rund 16 Jahre später leben Bob und Teenagertochter Willa (Chase Infiniti) mit neuer Identität in der kalifornischen Kleinstadt Baktan Cross. Zwischen zu viel Pott und Anflügen von Paranoia versucht er, das Mädchen vor einer Vergangenheit zu schützen, über die sie kaum etwas weiß. Dann allerdings macht Lockjaw, der inzwischen bemüht ist, Mitglied zu werden in einem Geheimclub rechtsextremer Strippenzieher, den einstigen Rivalen doch noch ausfindig und jagt mit einer ganzen Armee hinter Bob und Willa her, die von Karatemeister Sergio St. Carlos (Benicio del Toro) sowie alten French-75-Genoss*innen Unterstützung erfahren.
Eine Schlacht nach der anderen gilt es zu schlagen, im Widerstand genauso wie im Leben allgemein. Für Anderson bedeutet die sehr lose Pynchon-Adaption allerdings auch, dass er wie noch nie zuvor in seiner Karriere eine ganze Reihe von Actionsequenzen inszenieren muss. Mit welcher Lässigkeit und ganz eigenem Flair er das tut, ist nicht zuletzt im von ihm bevorzugten Breitbildformat (gedreht wurde unter anderem mit restaurierten VistaVision-Kameras) erstaunlich. Von der Einstiegssequenz über eine hinreichend komplizierte Fluchtaktion bis hin zu einer Autoverfolgungsjagd zum Schluss, die tatsächlich durch die Wüste führt und die man so noch nie gesehen hat, wirken die Szenen entschleunigt und rasant zugleich.
Überhaupt gelingt Anderson, unterstützt von Co-Kameramann Michael Bauman und einem enorm originellen Score von Jonny Greenwood, das Kunststück, eine gleichermaßen nervenaufreibende wie tiefenentspannte Atmosphäre zu kreieren, voller Anspannung und dabei mit Unmengen Humor. »One Battle After Another« nimmt sich nie zu ernst und bietet – nicht zuletzt in den erschütterndsten Abgründen – viel zu lachen, ohne dass je Zweifel daran aufkämen, wie sehr der Regisseur in dieser Geschichte auch seinen Ängsten und Sorgen angesichts gegenwärtiger Entwicklungen in den USA Ausdruck verleiht.
Dass der Film zwischen seinen großen Ideen, der Zeitgemäßheit und den überzeichneten Bösewichtern nie aus dem Ruder läuft, sondern mit Lebendigkeit pulsiert, liegt auch daran, dass er im Kern von der Hingabe eines Vaters zu seiner Tochter erzählt. Die Beziehung zwischen DiCaprio – bekifft, im Bademantel und in absoluter Topform – und die sehenswerte Newcomerin Chase Infiniti (die jüngst schon in »Aus Mangel an Beweisen« überzeugte) ist das Herz von »One Battle After Another«, und dass jede Schlacht mit Liebe geschlagen werden sollte, die zentrale Botschaft.





Kommentare
One Battle After another
Ich bin jetzt 55 Jahre alt und es war das zweite Mal dass ich einen Film vorzeitig verlassen hab. Diesmal schon nach 10 Minuten. Ich war mit meiner 24-jährigen Tochter da. Es ist mir unbegreiflich wie man es schaffen kann, ihn nicht mal ganz 10 Minuten so viel Scheiße zu packen. Ein Ficker und Motherfucker jagt das andere irgendwelche pornographischen Andeutungen. ich hatte nach 2 Minuten eigentlich schon die Schnauze voll von der Hauptdarstellerin. Beziehungsweise von ihren permanenten verbalen Ausbrüchen. Hätte vielleicht ein guter Film sein können. Konnte den Rest ja nicht mehr sehen oder es einfach nicht mehr zu ertragen war und ich absolut nicht nachvollziehen kann, welcher primitive Geist der Meinung ist, dass eine derartige Fäkalsprache für den Film notwendig ist. Egal welche politische Idee dahinter steckt, es zeigt wieder einmal nur, wie es mit unserer Gesellschaft den Bach runtergeht. Das einzig positive war, dass meine Erziehung wohl richtig war, da meine Tochter ebenso wie ich, der Geist Meinung war. Also wer auf ficken und Motherfucker steht, kann sich den Film gerne ansehen
ich würde Mal an der eigenen
ich würde Mal an der eigenen Fäkalsprache arbeiten.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns