Kritik zu Monsieur Aznavour
Glamouröses Biopic über die französische Chanson-Legende – ikonisch, aber ohne Ecken und Kanten
Es liegt wohl in der Natur von Künstlerbiografien, dass sie von Rückschlägen, Zweifeln und Zurückweisungen erzählen und zugleich von Momenten der größten Triumphe. Wenn dann noch die Geschichte eines sozialen Aufstiegs hinzukommt, ist das wahr gewordene Märchen perfekt. Das Leben des französischen Chansonniers Charles Aznavour entspricht genau einer solchen Biografie, zumindest wenn man dem Biopic »Monsieur Aznavour« des Regieduos Mehdi Idir und Grand Corps Malade glaubt. Voller Respekt und grenzenloser Bewunderung nähern sie sich diesem Ausnahmekünstler. Er selbst war unmittelbar vor seinem Tod 2018 noch an der Entwicklung des Projektes beteiligt, Aznavours Schwiegersohn Jean-Rachid Kallouche produzierte den Film. Diese Nähe ist ihm durchaus anzumerken.
Das Biopic ist in fünf Kapitel unterteilt, die jeweils mit einem Liedtitel Aznavours überschrieben sind – ohne dass diese einen chronologischen Bezug hätten. Erzählt wird von Charles’ Kindheit im ärmlichen Pariser Quartier Latin als Zeit voller Liebe, Lebenslust, Musik und Tanz. Schon damals erwacht in dem Sohn armenischer Einwanderer der Wunsch, Sänger zu werden – ein Traum, den er zeitlebens mit Hartnäckigkeit, mit für seine Umgebung teils zerstörerischem Ehrgeiz und endlosem Mut verwirklicht.
Der Film folgt Aznavour, wie er als Jugendlicher und junger Erwachsener in den Kriegs- und Nachkriegsjahren voller Entbehrungen lebt, gemeinsam mit seinem lebenslangen Freund und Vertrauten Pierre Roche (Bastien Bouillon) mit dem Fahrrad zu Auftritten in ganz Frankreich fährt, bis eines Tages Edith Piaf (etwas püppchenhaft: Marie-Julie Baup) im Publikum sitzt und musikalisch wie menschlich von ihm begeistert ist. Charles lässt zuerst seine junge Familie für einen Karriereschub in den USA zurück und dort später seinen Freund Pierre, als er nach Frankreich zurückkehrt. Immer weiter steigt er auf, lässt sich nie entmutigen, ist hart zu sich selbst und großzügig zu seiner Umgebung.
Dabei nutzen die Filmemacher Auslassungen und Schleifen, garnieren die Szenerie mit vielen Chansons. Und sie verändern die Farben ihrer Erzählung von den matten Grautönen der späten 20er Jahre, des Krieges, zur verrauchten Schummrigkeit in Chicago über die Pastelltöne der 50er und 60er bis hin zu den satten Tönen der 70er und 80er Jahre. Sie folgen dabei auch immer wieder einem Künstler zwischen Selbstzweifeln und Start, zwischen Bescheidenheit und gesellschaftlicher Maskerade, zwischen unterdrücktem Schmerz und Einsamkeit. Das alles ist faszinierend anzusehen.
Auch weil Tahar Rahim für seine Rolle als Aznavour dessen Gestik, Mimik und Körperhaltungen perfekt einstudiert hat. Doch irgendwie will die Physiognomie nicht so recht passen. Das wird deutlich, wenn am Ende einige Originalaufnahmen eingeblendet werden. Zudem kommt man dem Künstler nie so recht nah. So bleibt das Biopic eine Glorifizierung ohne Ecken und Kanten, das sich dank der hübschen Bilder, der Musik und auch des Künstlers selbst durchaus anzuschauen lohnt.
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