Apple TV+: »Highest 2 Lowest«
Es drängt sich auf, bei Spike Lees neuem Film »Highest 2 Lowest« als Erstes über New York zu sprechen. Der Vorspann zeigt die Stadt von ihrer majestätischsten Seite, mit gestochen scharfen Luftaufnahmen imposanter Wolkenkratzer in strahlendem Sonnenschein; die Kamera landet schließlich auf einer luxuriösen Dachterrasse, wo der berühmte Musikproduzent David King (Denzel Washington) gerade einen Deal eintütet. Wenig später wird ein Erpresseranruf ihn aus seinem Wolkenkuckucksheim holen. Angesichts der glamourösen Ästhetik ist es bemerkenswert, dass Lees Kameramann Matthew Libatique einen weiteren aktuellen NewYork-Film fotografiert hat, Darren Aronofskys »Caught Stealing«, bei dem er die Stadt allerdings in grobkörnigen Bildern von einer sehr viel raueren Seite zeigt – highest to lowest könnte man auch diesen Kontrast nennen.
Wie Aronofsky ist Spike Lee ein New Yorker Filmemacher, doch wird man diesmal den Eindruck nicht los, dass er ein bisschen zu angestrengt versucht, ein »Big-Apple-Feeling« zu erzeugen. Bereits das oben beschriebene Intro wirkt eher so, wie ein Tourist sich die Stadt ausmalt. Aber auch in der High-Society-Welt der Hauptfigur scheint Lee sich nicht wirklich zu Hause zu fühlen. Das prachtvolle Penthouse, Kings Gespräche mit Frau, Kindern und Geschäftspartnern – alles wirkt eine Spur gekünstelt, und dass praktisch jede Szene mit Klaviergeklimper unterlegt wird, macht die Sache nicht natürlicher.
Die Klischeehaftigkeit der Settings und Figuren zieht sich durch den ganzen Film, sei es Kings bester Freund aus der Bronx (ein Lichtblick: Jeffrey Wright), der natürlich ein Ex-Knacki ist, die Charakterisierung der ermittelnden Cops oder der soziale Hintergrund des Erpressers. Überhaupt die Erpresserstory, bei der King im Zuge einer Entführung einen Millionenbetrag zahlen soll und in einen Gewissenskonflikt zwischen Geschäft und Freundschaft gerät: Vom Motiv über die Geldübergabe bis hin zur Überführung des Täters ist da eigentlich gar nichts glaubwürdig, dazu noch ohne Drive und Dringlichkeit inszeniert. Erklären lässt sich das vielleicht damit, dass Lee weniger eine Thrillerstory erzählen will, sondern vielmehr eine Geschichte über Kunst und Kommerz, Loyalität und Geld, Old School und New School – und eben über »sein« New York, wo Schlagzeilen in der Post einen zum Volkshelden machen können und skandierende Yankee-Fans (Lees Team!) in der U-Bahn für Stimmung sorgen. Aber auch das geschieht halbherzig und ungelenk. Wenn King sich gegen Ende völlig überraschend ein Rapduell mit dem Entführer liefert, scheint der Film kurz eine irrwitzige Freiheit zu finden, doch im Rahmen der altbackenen Gesamterzählung wirkt dieses surreale Intermezzo nicht stilisiert, sondern forciert. New York, Denzel Washington, ein dezidiert Schwarzes Musikmilieu und ein bisschen Baseball, das klingt alles wie ein Homerun für Spike Lee. Geliefert, um beim Baseball zu bleiben, hat er eher einen Rundown.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns