Kritik zu The Ballad of Wallis Island

© Universal Pictures

2025
Original-Titel: 
The Ballad of Wallis Island
Filmstart in Deutschland: 
10.07.2025
L: 
99 Min
FSK: 
6

In der melancholischen Komödie will ein schluffiger Lottomillionär ein langgetrenntes Folkduo zumindest für ein Inselkonzert wieder zusammenbringen

Bewertung: 4
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Irgendwie hatte sich der verwuschelte Singer-Songwriter Herb das anstehende Konzert wohl anders vorgestellt: Missmutig nimmt er zur Kenntnis, dass das Boot ein paar Meter vor der Küste einer Insel hält, auf der er spielen soll, und dass die Fährleute offensichtlich von ihm erwarten, dass er mit seinen Instrumenten durchs Wasser zum Strand watet, an dem keine Anlegestelle, kein Hafen, keine sichtbaren Zeichen von Zivilisation zu entdecken sind. Man muss sich die Szene in etwa so vorstellen wie die Anlieferung des Klaviers in »The Piano« oder die Ankunft der Malerin in »Porträt einer jungen Frau in Flammen«: Kunst und Künstler stranden fern der Zivilisation an einem Ort, an dem die Wirkung der Zeit ausgesetzt scheint. Herb ist so irritiert, dass er erst mal ins Wasser platscht. Dann ist mit seinem nassen Handy auch sein Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten.

Am Strand wird Herb (Tom Basden) von Charles (Tim Key) empfangen, einem endlos plappernden und immer wieder auch recht übergriffigen Kindmann, der mit zwei Sechsern im Lotto viel Geld gewonnen hat, das ihm nicht sonderlich viel bedeutet, also wenig Einfluss auf seinen Lebensstil zu haben scheint. Abgesehen davon, dass er mit einer halben Million Pfund in einem Koffer ein privates Inselkonzert bei seinem Lieblingsmusiker gebucht hat. Irritiert nimmt Herb zur Kenntnis, dass das vermeintliche Hotel ein Zimmer in dessen vollgerümpeltem Privathaus ist, dass das »Stadion« nur aus ein paar Holzbrettern und Steinen am Strand besteht und er lediglich für einen einzigen Gast spielen soll, vielleicht auch für zwei, falls Charles sich trauen sollte, die hübsche Gemischtwarenhändlerin einzuladen, die Herb auf seine Bitte um Reis zum Trocknen seines Handys einen Becher mit Reispudding anbietet. Bereitwillig wechselt sie dann eine 50-Pfund-Note in eine Tüte kleiner Münzen für die Telefonzelle.

2007 hatten James Griffiths als Regisseur und die beiden Komiker Basden und Key als Drehbuchautoren und Darsteller diese buddy comedy-Konstellation bereits in einem Kurzfilm unter dem Titel »The One and Only Herb McGwyer plays Wallis Island« lanciert. Der Covid-Lockdown bot ihnen die Gelegenheit, an die Geschichte anzuknüpfen, sie um rund 18 Jahre Lebenserfahrung, emotionale Tiefe und weiteres Personal zu erweitern. Denn gerade als sich Herb halbwegs an den Gedanken gewöhnt hat, den Kapriolen eines exzentrischen Lottomillionärs entgegenzukommen, dockt die Vergangenheit an Wallis Island an – in Gestalt einer Frau, mit der Herb nicht nur eine zerbrochene Liebesgeschichte, sondern auch die gemeinsame ­Musikkarriere verbindet. Denn Charles hat sich in den Kopf gesetzt, das Folkduo McGwyer Mortimer nach vielen Jahren der Trennung zumindest für ein Konzert auf seiner Insel wieder zusammenzubringen – ohne zu ahnen, welche emotionalen Turbulenzen, aber auch Heilungsprozesse er damit auslöst.

Schauplatz, Schauspieler und Musik gehen eine innige Verbindung ein: die wildromantische Küste von Wales, die hier zur Darstellerin der fiktiven Insel Wallis Island wird; die natürliche Chemie und das feine Gespür für Timing, das in vielen Jahren gemeinsamer Arbeit zwischen den beiden Komikern Tim Basden und Tim Key gewachsen ist, die sich ihre verspielt trotzigen Kabbeleien mühelos und rasant voneinander abnehmen; das erzählerische Potenzial der Songs, die Tom Basden für den Film geschrieben hat. Dazu kommt noch der Besetzungscoup mit Carey Mulligan, die nicht zuletzt durch ihre Ehe mit Marcus Mumford, dem Leadsänger von Mumford & Sons, eine gewisse Folk-Credibility mitbringt. Wenn Herb und Nell im Film miteinander singen, wird in jeder Zeile ihre gemeinsame Geschichte als Paar und als Duo spürbar, verbunden mit der Wehmut über das unvermeidliche Ende ihrer Liebe und den Verlust jugendlicher Ideale.

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