Kritik zu Lolo – Drei ist einer zuviel

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Eigentlich-Alleskönnerin Julie Delpy verheddert sich ausnahmsweise in einer letztlich braven Komödie über einen Teenager mit Ödipuskomplex

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Das Wort Klitoris stammt, man kann es unschwer erahnen, aus dem Altgriechischen und bedeutet »Kleiner Hügel«. Violette (Julie Delpy) hat die rauschhaften Höhen der Stimulierung desselben schon seit geraumer Zeit nicht mehr bestiegen, der letzte Exfreund hat bereits vor Monaten Reißaus genommen, sie ist also sexuell maximal frustriert. Ihre beste Freundin Ariane (Karin Viard) ist da weitaus entspannter und erfreut sich daran, »dass mein neuer griechischer Freund mich leckt«. Violette braucht also ganz schnell Abhilfe. Am besten mit einem Mann, »der ein bisschen dumm ist, aber einen Riesenschwanz hat«.

Puh. Hier unterhalten sich keine Teenager, sondern intellektuelle Frauen Mitte 40. Die buchstäbliche »Stoßrichtung« für »Lolo – Drei ist einer zu viel« ist damit schon einmal vorgegeben. Und als deutscher Kinozuschauer fragt man sich natürlich, ob dieses Klischee, dass nämlich die Franzosen ihre sexuellen Vorlieben jederzeit quasi unverblümt auf der Zunge tragen, hier eigentlich überspitzt wird – oder ob Julie Delpy als Regisseurin und Hauptdarstellerin in ihrer neuen Komödie einfach nur den sexuell dysfunktionalen Alltag gut situierter Pariser aus der Mittelschicht zeigt. Schließlich hat sich Delpy in Filmen wie »2 Tage Paris«, »Familientreffen mit Hindernissen« oder »2 Tage New York« bereits als Meisterin, ja quasi als weibliches Pendant zu Woody Allen eta­bliert, wenn es ums komödiantische Abhandeln von Sexualität und Versagensängsten im alltäglichen Leben geht.

In »Lolo – Drei ist einer zu viel« werden Violettes chronische Selbstzweifel von ihrem Sohn (Vincent Lacoste) in fieser Regelmäßigkeit genährt. Der kiffende Filius wohnt noch zu Hause, schmeißt Acryl auf die Leinwand und nutzt die guten Kontakte der Mutter, um sich als Nachwuchstalent der Pariser Künstlerszene zu inszenieren. Männer mag er an der Seite seiner Mutter nicht dulden, erst recht nicht, als der bodenständige IT-Spezialist Jean-René (Dany Boon) in das Apartment stolpert. Dabei wäre doch gerade dieser erfrischend unaffektierte Kerl prädestiniert, die ewig zweifelnde Mutter ein wenig zur Räson zu bringen. Fortan bedient sich der eifersüchtige Jungspund perfider Mittel, um den Fremden schnellstmöglich wieder abzuschütteln: Juckpulver gehört da noch zu den harmlosen Methoden, aber bald greift er zu schärferen Mitteln wie Polonium und Medikamenten aus den verbotenen Ecken des Internets.

An sich ergäbe die explosive Dreieckskonstellation Mutter, Lover, Sohn die optimale Voraussetzung für eine Slapstickkomödie, bei der man unzählige Rachemotive mannigfaltig und brachial durchdeklinieren könnte. Delpy wählt aber bedauerlicherweise eine weitaus bravere Variante. Der erzählerische Biss beschränkt sich auf die eingangs erwähnten verbalen Derbheiten und Bettgeschichten, während die Handlung bald ziemlich ausfranst. Comedy-Superstar ­Dany Boon, seit »Willkommen bei den Sch'tis« auch hierzulande eine Marke, bleibt ebenfalls brav im Rollenschema und verrichtet stark unterfordert allenfalls Dienst nach Vorschrift.

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