Nachruf: Robert Benton
Robert Benton
29. 9. 1923 – 11. 5. 2025
Er war ein Amerikaner, der nicht ohne Europa auskam. Das Hollywoodkino kannte er genau, aber sein Blick darauf wurde geschärft durch das Studium der Filme von Bergman, Godard und vor allem Truffaut. Als Kind nahm ihn sein Vater dreimal wöchentlich mit ins Kino und erzählte ihm von Clyde Barrows Beerdigung, die er miterlebt hatte. Aus seinen Bildungsabenteuern schöpfte Robert Benton Filme, die mutig mit den Konventionen brachen, sich aber den Respekt für sie bewahrten. Niemand außer Robert Mulligan drehte so liebevolle Filme über das amerikanische Kleinstadtleben wie er.
Berühmt wurden Benton und sein Drehbuchpartner David Newman mit »Bonnie und Clyde«, wo sie Maß nehmen an den Stilbrüchen der Nouvelle Vague und die Depressionszeit aus dem Geist der 1960er betrachten. Darin kommen lauter Szenen vor, die man nie in Gangsterfilmen sieht. Bentons Regiedebüt »In schlechter Gesellschaft«, gedreht in der Endphase des Vietnamkrieges, ist der erste Bürgerkriegswestern, in dem ein Deserteur auftaucht. Er spart, auch das unerhört im Genre, die Blautöne aus, weil die Horizontlinie in den Bildern so hoch liegt, dass der Himmel kaum zu sehen ist. In »Kramer gegen Kramer« erklingt nicht die für ein gepflegtes US-Melodram unverzichtbare Klaviermusik, sondern Vivaldis Mandolinenkonzert, eine Hommage an Truffauts »Der Wolfsjunge«, dessen Kameramann Néstor Almendros er oft beschäftigte.
Benton hatte Kunst studiert; auch als Drehbuchautor war er nie nur ein Mann des Wortes, sondern der stilistischen Umdeutung. In »Die Katze kennt den Mörder«, »In der Stille der Nacht« und seinem späten Meisterwerk »Im Zwielicht« erschloss er dem Krimi ein ungewohntes Personal. Seine Literaturverfilmungen (nach Vorlagen von E. L. Doctorow, Richard Russo und Philip Roth) setzten eigene Akzente. Er war ein anspruchsvolles Regietemperament, das gewähren lassen konnte. Große Stars gaben sich häufig mit dem Gewerkschaftsminimum zufrieden, weil er ungeahnte Aspekte an ihnen entdeckte. Seinem Kino eignete Familiarität. Als seine Mutter starb, drehte er das lyrische Melo »Ein Platz im Herzen«, um einen Grund zu finden, noch einmal in seine texanische Heimat zurückzukehren.
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