Kritik zu A Gschicht über d'Lieb

© Salzgeber

In seinem Spielfilmdebüt geht Peter Evers das Wagnis ein, die Geschichte einer Geschwisterliebe in der schwäbischen Provinz der 50er Jahre im Gewand eines Neo-Heimatfilms zu erzählen

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Eine neue Zeit kündigt sich an. Doch noch ist es nicht so weit, dass sich in der winzigen schwäbischen Gemeinde Sankt Peter wirklich etwas ändern würde. Die alten Sitten und Strukturen bestimmen in der beginnenden Wirtschaftswunder-Ära noch ganz das dörfliche Leben. Und genau darunter leiden die Geschwister Maria und Gregor. Sie möchte den väterlichen Hof später alleine führen und selbst entscheiden, ob und wann sie heiratet. Er will die örtliche Kfz-Werkstatt kaufen und eine Tankstelle aufmachen. Schließlich wird bald eine Bundesstraße gebaut. Doch mit diesen modernen Ideen stoßen sie nicht nur bei ihrem Vater, dem Bacherbauern, auf Widerstand.

Der Konflikt zwischen den Generationen bekommt in Peter Evers' Spielfilmdebüt eine noch größere Brisanz, als die Geschwister ihren Gefühlen füreinander freien Lauf lassen. Ihre Liebe gegen die Konventionen, die Evers mit einem sehr feinen Gespür für die Sehnsüchte wie die Nöte seiner Figuren in Szene setzt, berührt auch heute noch Tabus. Die stellt »A Gschicht über d'Lieb« auf sehr subtile Weise infrage. 1953 in der schwäbischen Provinz wird die Liebe der Geschwister zum Katalysator für all die Aggressionen, die wenige Jahre nach dem Ende der NS-Zeit nur ganz knapp unter der Oberfläche der westdeutschen Gesellschaft schwelen.

Natürlich spielt Peter Evers mit unseren Erinnerungen an den deutschen Heimatfilm der 50er Jahre. Und es gelingt ihm nicht nur, mit den Klischees dieses schon lange verfemten Genres zu brechen. Er findet vielmehr zu einem sehr eigenen Stil. So kann er in schwelgerischen, von sanftem Licht illuminierten Bildern von der Schönheit der Landschaft erzählen und doch die bedrückende Enge in den Köpfen der Menschen nicht verschweigen. Die Gewalt, die sich schließlich auf erschreckende Weise Bahn bricht, ist in Peter Evers' Inszenierung und Pascal Schmits Kadrage immer präsent. Darin ähnelt »A Gschicht über d'Lieb« dem dunkelsten aller US-amerikanischen Heimatfilme, Terrence Malicks »Days of Heaven«.

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