Kritik zu Große Jungs – Forever Young

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Zuerst Liebe, dann die Eigentumswohnung: Ein Schwiegervater in spe rät seinem zukünftigen Schwiegersohn, er solle von der Ehe doch besser die Finger lassen. Die französische Antwort auf die Hangover-Filme 

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Thomas (Max Boublil) träumt vom Durchbruch als Musiker. Die große Konzertbühne, auf die er in der ersten Szene scheinbar hinaustritt, erweist sich im nächsten Moment als popelige Hochzeitsgesellschaft. Der 30-Jährige klampft zu gefühlvollen Liedern. Immerhin lernt er dabei die kecke Lola (Mélanie Bernier) kennen, die mit beiden Beinen im Berufsleben steht. Beide sind füreinander geschaffen. Thomas will für sie endlich solide werden und einen Job annehmen. Doch Gilbert (Alain Chabat), sein schwermütiger Schwiegervater in spe, warnt ihn vor den Fallstricken der Ehe. Erst reden Frauen über Liebe, dann über Eigentumswohnungen. Thomas wird hellhörig. Es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Zwei Männer wollen nicht erwachsen werden – das klingt nach einer albernen Will-Ferrell-Klamotte. An diesem Genre arbeitet Anthony Marciano sich in seinem Debüt ab, setzt aber eigene Akzente. Dabei überzeugt vor allem der Spielwitz des Komödianten Max Boublil, der auch am Drehbuch partizipierte. Komödiantischer Mehrwert entsteht durch sein Zusammenspiel mit dem zweiten Hauptdarsteller. Als grantiger 50-Jähriger in der Midlife-Crisis ist Alain Chabat hinreißend. Mischen die beiden den Weinprobierstand eines Supermarkts auf, dann stecken sie sich mit ihrer Spiellaune gegenseitig an. Die Geschichte bleibt allerdings überschaubar. Gilbert will seine Jugend nachholen und lernt dabei einen Musikproduzenten kennen, der Thomas' Traum verwirklichen will. Das Projekt scheitert, trotz der Intervention von Iggy Pop, der einen skurrilen Cameo-Auftritt hat.

Der nachgeholte Junggesellenabend gefällt dank seiner verschwenderischen Fülle aberwitziger Details. Kauft Gilbert sich nicht nur ein, sondern zwei iPhones, die via Sprachsteuerung miteinander »dialogisieren«, wird endlich klar, wozu Smartphones nutze sind. Mit französischem Esprit bürstet Große Jungs – Forever Young einschlägige Vorlagen gegen den Strich. Fragt Thomas zu Beginn seine Angebetete, ob sie seine Frau werden will, dann steht bereits diese kleine Szene in einem gefühlten Ranking der originellsten Heiratsanträge ganz weit oben. Das gilt ebenso für die geniale Schlusspointe, die ein weiteres Genremuster parodiert: In US-Komödien beichtet der reumütige Held in der U-Bahn oder auf einem öffentlichen Platz der Angebeteten seine Liebe. Passanten beklatschen dann seine Performance. Bei diesem Gag dreht Marciano die Schraube einige Umdrehungen weiter: Thomas drückt seine Gefühle während eines Staatsbesuchs aus, bei dem seine Freundin als Simultan­übersetzerin arbeitet. Um ihr Herz zu erobern, schleicht er sich als Guerilladolmetscher ein. Mit seinem Mutterwitz entstellt er die verquaste Rede eines hochrangigen iranischen Delegierten bis zur Kenntlichkeit. Der islamische Betonkopf ist lost in translation – wird dadurch aber zum unfreiwilligen Postillion d'Amour: Hier gelingt, was die Surrealisten als Begegnung eines Regenschirms und einer Nähmaschine auf dem Seziertisch feierten. Immerhin 1,6 Millionen Franzosen lachten sich schlapp über diese überraschende Mischung aus Albernheit und Tiefsinn.

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