Kritik zu Die Eylandt-Recherche

© W-film

2008
Original-Titel: 
Die Eylandt-Recherche
Filmstart in Deutschland: 
06.11.2008
V: 
L: 
88 Min
FSK: 
12

»Blair Witch« Reloaded in Duisburg: Im Stil einer holprigen, aber fantasievollen Science-Fiction-Fakedoku gibt Don Miguel in seinem Dokumentarspiel vor, von Aliens zu erzählen, die im Keller eines Rheinhausener Einfamilienhauses lebten

Bewertung: 3
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Die Geschichte ist unglaubwürdig, aber genau das ist ihr symbolisches Kapital. Ein New Yorker Anwalt erhält nach dem Tod seiner deutschen Cousine deren Nachlass. Darunter befindet sich ein vergilbter Brief. Die Cousine berichtet von Außerirdischen, die 60 Jahre im Keller ihres Hauses in Rheinhausen verbrachten. Der Anwalt beauftragt daraufhin einen Detektiv aus Duisburg. Doch bevor er sich mit ihm treffen kann, wird er ausgeraubt. Über das Handy, mit dem er gerade den Termin verschieben wollte, hören wir, wie er auf offener Straße niedergestochen wird und stirbt.

So geht es den ganzen Film über weiter. Das vermeintlich Nebensächliche, das zur eigentlichen Geschichte nichts beiträgt, wird beiläufig, aber unweigerlich zur Hauptsache. Geschickt kaschiert der Film sein mangelndes Budget und hält den Zuschauer bis zuletzt mit immer weiteren MacGuffins hin. Gegen Ende bricht der Detektiv dann mit seiner Assistentin, einem Lokaljournalisten und einer Kamerafrau in den Keller des besagten Hauses ein. Wackelige Handkamerabilder, gefilmt in der grobkörnigen »Blair Witch«-Ästhetik, zeigen, dass es eigentlich nichts zu sehen gibt. Doch dieses »Nichts« kann der Film streckenweise spannend verpacken.

Der Witz dieser Fakedoku resultiert aus einer schlitzohrigen Umkehrung des Hollywoodprinzips, in dem ein immer höherer Produktionsstandard den authentischen Look eines fiktiven Szenarios garantiert – sei es auch noch so weit weg von jeder Wirklichkeit. Im Gegensatz dazu benutzt Michael W. Driesch alias Don Miguel gerade das Unperfekte und Brüchige, um das Geschehen »realistisch « erscheinen zu lassen.

Mit halb verbrannten Briefen, unscharfen Super-8-Filmen, Videoszenen und gefakten Experteninterviews zitiert sein Film die ganze Palette telegener Rituale. So wird etwa die Nichte jener Großmutter, bei der die Aliens im Keller wohnten, an ihrer Haustüre von einem aufdringlichen Kamerateam überrascht und zu einem Interview gedrängt. Der Zuschauer achtet eigentlich nur auf die dreiste Nötigung, die er aus den Niederungen des Trashfernsehen kennt. Mit solchen Tricks kaschiert der Film geschickt, dass die Verweigerung der Erzählung zum eigentlichen Inhalt des Erzählten wird.

Das funktioniert aber nicht durchgängig. Wenn etwa der Enkel eines Royal-Air-Force-Piloten, der angeblich einst ein Ufo über Duisburg sichtete, gemächlich über eine Rheinbrücke schlendert, dann kommt die Inszenierung des Nicht-Inszenierten doch an ihr Ende: Der imitierte Reportagestil ist einfach nicht subtil genug, um noch die Authentizität der Fiktion zu suggerieren.

Hinzu kommt ein weiterer Mangel: Die darstellerischen Schwächen zählen nun mal zu jenen Elementen, die der Film leider nicht zu einer Stärke umzumünzen versteht. Neu ist das Ganze natürlich auch nicht gerade, neben dem »Blair Witch Project« verbeugt sich der Regisseur und Autor vor allem vor Orson Welles' Radiosendung »Krieg der Welten« von 1938. Trotz alledem: sein frecher, kleiner Film ist unterhaltsamer und erfrischender als so manche seelenlose Großproduktion.

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