Kritik zu The Dead Don't Die

© Universal Pictures

Jim Jarmusch versammelt die üblichen Verdächtigen plus ein paar Neuzugänge, um mit ihnen eine trocken-humorige Zombie-Komödie zu drehen, die eine Metapher auf die Klimakatastrophe und gleichzeitig doch ein ganz normaler Jarmusch-Film sein möchte

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Centerville, der Schauplatz von Jim Jarmuschs »The Dead Don't Die«, ist so etwas wie der Inbegriff des friedlichen, des gemütlichen, des »guten« Amerika. Da gibt es die beiden Cops Cliff Robertson (Bill Murray) und Ronnie Peterson (Adam Driver), die nach dem Rechten sehen und so stoisch agieren, dass man ihnen kaum eine Schießerei zutraut. Da gibt es das altmodische Diner, wo Fern (Eszter Balint) und Lily (Rosal Colon) den besten Kaffee der Gegend ausschenken. Das ebenso an alte Filme erinnernde Motel lockt mit »Free Wifi«. An der Tankstelle verkauft der liebenswert nerdige Bobby den Kindern Süßigkeiten und Comic-Hefte (Caleb Laundry Jones widmet seinen Auftritt ganz offensichtlich dem zu früh verstorbenen Anton Yelchin aus Jarmuschs Vampirfilm »Only Lovers Left Alive«). Und Farmer Bill (Steve Buscemi) trägt seine rote »Make America White Again«-Kappe ohne weitere böse Absicht gegen seine schwarzen Nachbarn wie etwa den Eisenwarenhändler Hank (Danny Glover).

Wie so oft bei Jarmusch wird das erlesene Sortiment an exzentrischen Gestalten vor allem über ihre Popkulturvorlieben charakterisiert. Cop Peterson mag den Country-Sänger Sturgill Simpson (den es, kein Witz, wirklich gibt), besonders dessen Song »The Dead Don't Die«. Er dreht das Radio lauter, wenn der Song läuft, während er mit Murrays Robertson Patrouille fährt. »Dieser Song kommt mir so bekannt vor, bloß woher?«, wundert sich Murray. »Klar doch, es ist unser Themen-Song«, antwortet ihm Driver. Und spätestens da merkt der Zuschauer, dass Regisseur Jarmusch in dieser Zombie-Komödie auch das eigene Werk wie einen Untoten behandelt: Geradezu lüstern geistern Anspielungen auf das, was Jarmusch als Filmemacher schon getan hat und hier tut, durch den ganzen Film.

Dazu passt, dass Jarmusch auch keinen Hehl macht aus der Tatsache, dass das Motiv der Zombie-Apokalyspe, die über sein »gutes Amerika« hereinbricht, eine Metapher sein soll: für die Klimakatastrophe, vor der die Menschen die Augen verschließen und für den Konsumwahn, der letzteres so einfach macht. Aus den Radios in Centerville hört man immer wieder Nachrichten über die Praxis des »Polar-Frackings«, das die Erde aus der Achse geworfen habe. Was aber Experten als Eliten-Fake-News abtun. Weshalb glauben, was die zu Verschwörungstheorien neigende Wissenschaft behauptet? Selbst wenn auf einmal in Centerville Tages- und Nachtzeiten nicht mehr das sind, was sie mal waren und außerdem sämtliche Haustiere wie Katzen, Hunde und sogar Hühner sich davonmachen. Sie tun es gerade noch rechtzeitig, bevor aus den Gräbern ein sehr gut zu erkennender Iggy Pop in Begleitung von Sara Driver steigt, zum Diner stolpert und nach Kaffee verlangt. Leider müssen Fern und Lily unterdessen dran glauben. Wie es überhaupt vorbei ist mit der Beschaulichkeit in Centerville.

Adam Driver bemerkt nach kurzem Studium des Zombie-Verhaltens um ihn herum – die kleinen Zombies kaufen Süßigkeiten und Comics, andere versuchen Baseball oder Tennis zu spielen, und eine Horde männlicher Zombies belagert Hanks Eisenwarenladen –, dass es sie zu den Dingen zieht, die sie einst liebten. »Chardonnay!« stöhnt denn auch die als Untote wiedererwachte Carol Kane. Für alle, die es bis dahin immer noch nicht begriffen haben, wiederholt am Schluss Tom Waits, der als Mann im Wald durchs Fernglas betrachtet, was in Centerville passiert, noch mal die Lektion: Die Menschen seien zu gierig gewesen, zu konsumorientiert.

Zwar konterkariert Jarmusch die Belehrungen durch seinen stets staubtrockenen Humor. Aber so schön es auch ist, wenn Murray und Driver sich gekonnt ausdruckslos Sätze hin und herschieben wie: »Was denkst du?« – »Ich denke: Zombies!«, verliert sich »The Dead Don't Die« doch ziemlich in seinen selbstgefälligen Witzeleien und hinterlässt schließlich wenig nachhaltigen Eindruck. Was angesichts seines ernsten Themas einem »self own« gleichkommt.

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