Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns
Patricia Clarkson und Ben Kingsley erteilen sich in Isabel Coixets neuem Werk auf den Straßen New Yorks gegenseitig Lebenshilfe
Man kann sie auch im Kino immer öfter sehen, schöne Frauen in den besten Jahren, nach Julianne Moore in »Still Alice« nun Patricia Clarkson in »Learning to Drive«. Als Literaturkritikerin Wendy ist sie eher Kopfmensch, aber zugleich ausgesprochen impulsiv, wovon der indische Taxifahrer Darwan (Ben Kinsgley) eine peinlich berührende Kostprobe bekommt: Wie eine Furie hechtet sie ihrem Mann hinterher, der ihr offensichtlich gerade im Restaurant eröffnet hat, dass er sie nach 21 Ehejahren für eine Jüngere verlassen wird, und nun schnell im Taxi verschwinden will. Wendy stellt ihn zur Rede, ereifert sich, bettelt und beschimpft ihn in rasendem Wechsel. Doch es hilft nichts, der Mann steigt aus und hinterlässt ein Häufchen Elend. Den Umschlag, den der Taxifahrer später auf dem Rücksitz vorfindet, trägt er ihr am folgenden Tag hinterher und bietet bei dieser Gelegenheit auch weiterführende Lebenshilfe an, die sie in Form von Fahrstunden widerwillig annimmt. So sind die Weichen gestellt für eine Annäherung ganz unterschiedlicher Lebensformen und Kulturen, wie die katalanische Regisseurin Isabel Coixet sie bereits mehrmals durchgespielt hat, unter anderem zwischen einer japanischen Auftragskillerin (Rinko Kikuchi) und einem spanischen Weinhändler (Sergi López) in »Eine Karte der Klänge von Tokio« und zuletzt zwischen einer reichen Französin (Juliette Binoche) und einem einfachen Inuit-Mädchen (erneut Rinko Kikuchi) im Berlinale-Eröffnungsfilm »Nobody Wants the Night«.
In »Learning to Drive« ist der Modus von vornherein milder und versöhnlicher, in Gestalt einer zartbitteren Komödie, die nicht auf romantische Liebe zusteuert, sondern auf gegenseitige Unterstützung bei der Bewältigung von Lebenskrisen. Während Wendy in ihrem Luxusapartment in Manhattan mit dem Zerbrechen ihrer Ehe ringt, muss sich der gläubige Sikh Darwan in seiner engen Wohngemeinschaft in Queens mit einer von seiner Familie arrangierten Ehe auseinandersetzen. Dabei können Ben Kingsley und Patricia Clarkson an die Freundschaft anknüpfen, die sie bereits in Coixets Philip-Roth-Verfilmung »Elegy« geschlossen haben. Die unaufgeregte Chemie zwischen den beiden Darstellern ist das Beste an einem Film, der im Vergleich zu den vielschichtigen und sinnlichen früheren Werken der Regisseurin eher mittelmäßig dahinplätschert.
Das mag auch daran liegen, dass Coixet hier auf dem vertrauen Terrain ihres derzeitigen Wohnsitzes New York arbeitet, statt fremde Schauplätze auf einer irischen Ölbohrinsel, in Tokio oder im Eis des Nordpols zu erforschen. Dabei folgt sie den Vorgaben eines autobiografischen Essays aus dem »New Yorker«. Nur leider ändert der Wahrheitsgehalt der Geschichte wenig daran, dass das Bild von den Fahrstunden, die mit all ihren Spurwechseln, Brückenüberquerungen und Hindernisumfahrungen zur Schule des Lebens werden, ein wenig platt geraten ist.