Interview: Steven Soderbergh über »Black Bag«
Michael Fassbender und Steven Soderbergh am Set von »Black Bag« (2025). © Claudette Barius / Focus Features
Mr. Soderbergh, in »Black Bag – Doppeltes Spiel«, verknüpfen Sie eine Intrige von weltpolitischen Konsequenzen mit den Beziehungen zwischen verschiedenen Geheimdienstmitarbeitern. Deren Komplexität wirkt wie ein Gegenmodell zur erschreckenden Eindimensionalität, mit der autoritäre Staatenlenker heute agieren.
Das Konzept von mir und dem Drehbuchautor David Koepp war es, den McGuffin des Projektes 'Severus' als Trojanisches Pferd zu benutzen. Ein verheiratetes Paar kommt unter Beschuss durch seine Kollegen, Auf der einen Seite haben wir eine Figur, die das Geschehen in Gang setzt, indem sie plant, etwas aus dem Gebäude zu schmuggeln um das nach Russland zu schaffen. Es geht dieser Person um den Machtwechsel in einem anderen Land, aber die Hauptmotivation ist, dass sie Kathryn hasst und sie und George um ihre Ehe beneidet. Die will sie zerstören. Das ist eine ganz persönliche Angelegenheit, als seien sie alle noch auf der High School – und dass möglicherweise ein Ereignis von welthistorischer Bedeutung dafür stattfinden muss, weil diese Person es nicht erträgt, dass die beiden glücklich sind: dieses Konzept hatte ich noch nicht gesehen, das gefiel mir. Auf den ersten Blick verrückt, aber durchaus plausibel. 2003 habe ich die Serie »K Street« gedreht, die in Washington, DC angesiedelt war. Für die zehn Folgen drehten wir zehn Wochen lag vor Ort. Ich war schockiert, wie persönlich die Motivationen waren in den Handlungen der Menschen, wie kleingeistig – eine begrüßenswerte Gesetzesinitiative wurde sabotiert, weil man die Person nicht mochte, die sie einbrachte. Das blieb mir im Gedächtnis, weil es so deprimierend war.
Die Momente gegenseitigen Verrats, die die vier Verdächtigen auszeichnen, sehen Sie also nicht als zugespitzt an?
Das hängt vom Kontext ab – ob man über die Geheimdienstmitarbeiter spricht oder aber über die gewählten politischen Vertreter. Wenn man über die USA von heute spricht, ist das tatsächlich schlimmer als es sich ein Autor hätte ausdenken können. Wie soll man heute einen Film über Geheimdienstmitarbeiter oder Angestellte des Justizministeriums machen? Die Überwachung von russischen Cyberaktivitäten wurde eingestellt, was das FBI anbelangt. Als Produzent arbeite ich seit längerem an einem Projekt, in dem es um zwei FBI-Agenten geht, die eine Figur der 'Alt Right'-Bewegung überwachen, die dabei ist, eine gefährliche Macht anzusammeln. Solche Leute werden heute nicht mehr überwacht. Was für eine Geschichte kann man noch erzählen, wenn die Grundlagen dieser Filme komplett zerstört sind? Die Antwort darauf weiß ich nicht, ich bin heilfroh, dass wir unsere Geschichte außerhalb der USA angesiedelt haben.
Ein Grund, warum David die Geschichte von Washington, DC nach London verlegt hat, war der, dass ich Teil der Familie von Filmen sein wollte, die über Spione in London gedreht wurden, zum Teil die Bond-Filme, auf jeden Fall die Harry Palmer-Filme: »Ipcress – Streng geheim« und »Finale in Berlin« (auf die die Brille verweist, die Michael hier trägt), auch viele der Le Carré-Verfilmungen – ich wollte Teil dieses Universums sein. David stimmte zu, er hatte selber vier Jahre lang in London gelebt. Die Geschichte nach London zu verlegen, eröffnete auch Möglichkeiten für das Casting, die mich inspirierten.
Mit Pierce Brosnan und Naomie Harris sind zwei Darsteller an Bord, die ihren Teil zu den James-Bond-Filmen beigetragen haben, mit Regé-Jean Page einer, der zeitweise als nächster Bond-Darsteller im Gespräch war...
Mit Naomie wollte ich bei einem anderen Film zusammenarbeiten, der dann nicht zustande kam. Pierce wurde von unserer Castingagentin vorgeschlagen. Ich hatte einen Zoom-Call mit ihm, er verstand, dass es attraktiv war, 'die andere Seite des Hauses' zu verkörpern. Auf jeden Fall hat er seine Maßanzüge genossen, denn er hat sie allesamt mitgenommen. Mit ihm zu arbeiten, war eine Freude. Er liebt es immer noch, am Drehort zu sein und dieser Enthusiasmus steckt andere an. Haben Sie bemerkt, dass seine Nasenspitze leicht verlängert wurde? Darum hatte er gebeten – seine Figur sollte ein wenig daneben sein.
Könnten Sie Sich als Regisseur eines James-Bond-Films vorstellen?
Ich glaube nicht, dass ich weiß, wie das gehen könnte. Nach dem Verkauf der Rechte an Amazon gibt es sicherlich die Möglichkeit für einen Neustart, dazu müssten aber erst einmal einige grundlegende Fragen geklärt werden: wie kann man die Figur weiterentwickeln, ohne das kaputt zu machen, was das Publikum so an den Filmen schätzt? Soll die Reihe mehr in die reale Welt gehen wie es die »Bourne«-Filme getan haben oder soll sie in einer Fantasiewelt verharren – gerade was die Gegenspieler betrifft? Geht es denen weiterhin um die Weltherrschaft?
Ich wurde in dieser Sache zweimal, allerdings sehr vorsichtig, angesprochen, einmal nach »Out Of Sight« und einmal nach »Ocean’s 12«. Beide Male habe ich gefragt: Kann ich die kreative Kontrolle über das Drehbuch haben? Beide Male sagten die damaligen Produzenten: So machen wir das nicht. Ich denke, ich bin nicht gut darin, das Franchise noch größer zu machen, da haben sie sich ja schon einige Male selber übertroffen. Ich möchte eher etwas in der Größenordnung von »Black Bag« machen.
Michael Fassbender als George und Cate Blanchett als Kathryn stehen im Zentrum des Films, haben aber nur wenige Szenen zusammen...
Jede Szene, in der sie nicht gemeinsam zu sehen sind, handelt trotzdem von ihnen. Die anderen Figuren sprechen über sie, sie stehen immer im Fokus der Gespräche. Was mir gefiel, war, dass David die Exposition auf die anderen Figuren verlagerte. Dadurch gewinnt man als Zuschauer nicht den Eindruck, man bekommt etwas vorgekaut. Wenn man sich den Film ein zweites Mal ansieht, merkt an, dass es immer um sie beide geht, auch wenn sie nicht im Bild sind. Dafür braucht man Stars für diese beiden Rollen, Stars, die eine Verbindung zum Zuschauer haben. Dann können sie einen Teil der Arbeit für Dich als Regisseur machen. Es bereitet einfach Freude, Michael und Cate zusammen im Bild zu sehen, Wir mussten nur sicherstellen, dass wir nicht zu schnell zu weit mit ihnen gingen. Erst am Ende des Films sehen wir zum ersten Mal, wie sie sich küssen.
Sonst enden Liebesbeziehungen in Spionagefilmen meist tragisch...
Ja, David war nicht daran interessiert, ob Kathryn eine Affäre hat, sondern daran, ob sie ihr Land verraten würde. Ist sie in Gefahr, wird sie umgebracht? Bei der Szene im Kino, wo sie auf die erste Schreckensszene nicht reagiert, wohl aber auf die zweite, fragt George sich: liegt das daran, dass sie weiß, dass ich sie beobachte oder aber, weil sie den Film nie zuvor gesehen hat? Lügt sie mich an, was ihre Arbeit anbelangt? Um das herauszufinden, nimmt er ein Risiko auf sich, als er Clarissa davon überzeugt, den Satelliten umzulenken.
Besonders in den beiden Dinner-Szenen verdichtet sich das Geschehen...
Wir haben den Film gedreht, Previews abgehalten und ich habe einige Anpassungen vorgenommen. Nach der erste Testvorführung meinte ich: es fehlt eine Szene, wir müssen die vier Gäste treffen, bevor sie das Haus der beiden betreten.
Die erste Dinner-Szene ist schön, aber das Publikum bekommt hier zu viel aufgetischt. Wir sollten die vier zuvor kurz kennenlernen, damit wir die Dynamiken zwischen ihnen begreifen, sehen, welche Ängste sie haben, die sie mit diesem Essen verbinden. Das drehten wir und das war für die Zuschauer sehr hilfreich.
Diese Dinner-Szene erinnerte mich an eine andere Dinner-Szene, die in »Wer hat Angst vor Virginia Woolf?« von Mike Nichols, mit dem Sie ja befreundet waren. Ich nehme an, das kein Zufall. Entstand dieser Bezug in den Besprechungen mit dem Drehbuchautor?
Wir haben viel über »Wer hat Angst vor Virginia Woolf?« gesprochen, denn ich versuche seit Jahren David davon zu überzeugen, seine eigene Version davon zu schreiben – ich bin der Überzeugung, er könne daraus etwas machen, was dem nahe kommt. Was wir gemacht haben, war es, meine Vorschläge mit Davids Ideen zu kombinieren. Der Kern der Szenen ist, dass Menschen unter dem Einfluss einer Droge (damals war es Alkohol) sich gegenseitig attackieren, das Gefühl eines allseitigen Kontrollverlustes. Das ist der Punkt des zugrundeliegenden Bühnenstücks von Edward Albee. David hat das in anderthalb Szenen konzentriert. Die drei Filme, die David und ich zusammen gemacht haben – denken Sie an die Beziehungen in »Kimi«, die Familiendynamik in »The Presence«, hier die zwischen George und Catherine – geben mir die Gewissheit, dass er sich auf dieses Territorium vorwagen kann. Andere fordern das von ihm zu selten ein, wenn er an großen Studioprojekten arbeitet, bei denen scharfe Kanten nicht so angesagt sind.
Könnten Sie Sich vorstellen, die Regie bei einem Studiofilm zu übernehmen, bei dem Sie nicht völlige künstlerische Freiheit haben? Etwa, wenn Drehbuch und Darsteller Sie in höchstem Maße ansprechen?
Das hängt davon ab, ob das Projekt schon existierte, bevor ich angesprochen wurde. Stellen Sie Sich einen fahrenden Zug vor. Ich springe hinten auf und arbeite mich langsam an die Spitze des Zuges vor. Das verändert meine Position zu den anderen Mitreisenden.
Bei meinen ersten Studiofilmen, wie »Out of Sight« und »Erin Brockovich«, die dieselben Produzenten hatten, hatte ich keinen Final Cut. Ich musste mich darauf verlassen, dass mein Produzent Danny DeVito, selber ein Filmemacher, mich unterstützen würde – mich aber auch vor mir selber beschützen würde (was gelegentlich notwendig war). Den Final Cut hatte ich bei einem Studiofilm erstmals bei den »Ocean's«-Filmen.
Als ich später für Starz die Serie »The Girlfriend Experience« produzierte, kannte ich Chris, den Chef des Senders, weil der seinerzeit »K Street« für HBO produziert hatte. Es gab mehrere Senderangebote für die Serie und die Frage, wer kontrolliert den Schnitt, stand im Raum. Ich fragte Chris, ob ich den Final Cut haben könne. Er antwortete, er sei davon ausgegangen, dass es genau darum ginge. Die anderen beiden Interessenten sahen das anders, so lief die Serie bei Starz.
Die meisten Filme, die Du in Deinem Leben siehst, diejenigen, an die Du Dich erinnerst, sind diejenigen, denen der Regisseur seinen Stempel aufdrücken konnte, das sorgt dafür, dass sie aus einem Guss sind. Natürlich gibt es Regisseure, die diese Kontrolle missbrauchen. Aber im großen und ganzen ist es so, dass der Filmemacher das erste Publikum eines Films ist und der hat einen guten Riecher dafür, was das Publikum will. Sogar bei Filmen, die ich produziert habe und wo ich und der Filmemacher nicht hundertprozentig übereinstimmten, ist es ihr Film. Ich will ja nicht von ihm später zu hören bekommen: »er hat mir meinen Film weggenommen!« Auch wenn ich recht hatte.
Sie haben erwähnt, wie wichtig es sein kann, auf bekannte Darsteller zu setzen. War das bei all Ihren Filmen in den vergangenen Jahren so, dass Sie zuerst das Paket zusammenhatten, bevor Sie es einem Studio anboten?
Das wechselt. Lassen Sie mich kurz die Liste durchgehen. »Let them all talk« war ein kleiner Film, finanziert von mir und Gregory Jacobs, der mit mir zusammen produzierte. Wir sprachen Schauspieler an und sagten, das ist ein lowbudget-Film, Ihr profitiert ausschließlich an den Einnahmen, der Plan ist, den Film zu machen und ihn dann zu verkaufen. »No Sudden Move« war ein Drehbuch, das ich zusammen mit Ed Solomon geschrieben hatte. Ich hatte gerade einen Drei-Jahres-Exklusivvertrag mit Warner abgeschlossen, das war das erste Projekt, ihnen gefiel das Drehbuch, ich besetzte den Film und machte ihn. »Kimi« war ein Originaldrehbuch von David Koepp, Warner gab grünes Licht dafür, dann holte ich Zoe Kravitz und den Rest der Besetzung an Bord, »Presence« war meine Idee, auf deren Basis David ein Drehbuch schrieb, ich finanzierte das selber und verkaufte es dann. Bei »Black Bag« hatten wir das Drehbuch von David und die Zusagen von Michael Fassbender und Cate Blanchett.
Wir boten es an, es gab mehrere Interessenten, wir nahmen das Angebot von Focus und Universal an, mit denen ich schon gearbeitet hatte. »The Christophers«, der danach entstand, war ein Drehbuch von Ed Solomon nach einer Idee von mir, wir konnten Ian McKellan und Caleb Cole gewinnen, damit ging ich zu einer unabhängigen Firma, die jemand gegründet hatte, den ich von einem früheren Projekt kannte; er sagte zu. Es gibt also ganz verschiedene Möglichkeiten, das Entscheidende ist das Timing. Wenn ich jemandem eine Idee gebe, aus der er ein Drehbuch machen soll, wie David bei »Presence«, dann hängt es davon ab, wie lange er braucht, das zu schreiben. Ich versuche immer, an mehreren Projekten parallel zu arbeiten. Im Augenblick ist es tatsächlich das erste Mal, dass ich nicht weiß, was als nächstes kommt – das erste Mal seit 36 Jahren.
Es gab ja auch mal eine Zeit, wo Sie gar keine Filme mehr machen wollten...
Das stimmt. Ich denke, das laut zu verkünden, war wirklich dumm. Ich habe einen Fehler gemacht. Der Fehler war, die Arbeit mit dem Business zu verwechseln. Ich war sehr frustriert mit dem Filmgeschäft und der Art, wie das funktionierte und nicht funktionierte. Ich blies das auf mit dem Regieführen und dass ich davon genug hätte. Ich begriff allerdings, dass das nicht wahr war. Dann passierten zwei Sachen gleichzeitig, die mich zurück an die Arbeit brachten: Das eine war, dass ich Malstunden genommen hatte, bei einem bekannten Maler in New York, den ich durch einen gemeinsamen Freund kannte. Dabei begriff ich nach ein paar Wochen, dass ich um gut genug zu sein, um etwas zu erschaffen, das ich anderen zeigen konnte, ich mindestens fünf Jahre dafür benötigen würde, wenn ich meine gesamte Zeit dem widmen würde. Ich sagte mir, das ist eine lange Zeit, in meinem Alter. Als mir das klar wurde, kam das Drehbuch für die Fernsehserie »The Knick« zu mir; ich war die erste Person, die es zu sehen bekam. Ich wusste: die zweite Person, die es zu sehen bekommt, will diese Serie machen. Es ging darin um alles, was mich interessierte. Und ich fand, es war eine wirklich originelle Sichtweise auf das älteste TV-Seriengenre: die Arztserie – so eine Arztserie hatte ich noch nie gesehen.
Vier Monate, nachdem ich diese törichte Bemerkung gemacht hatte, war im also wieder am Drehen und begriff dabei, was mein Fehler gewesen war: ich liebte die Arbeit immer noch, aber hasste das Business. Deshalb machte ich eine Zeitlang nur Fernsehen. Als ich wieder zum Kino zurück kehrte, war das unabhängiges Kino – bis dahin, dass ich die Filme selber verlieh (was nicht funktionierte). Nächstes Mal verschwinde ich einfach.
Die meisten Ihrer Nicht-Kinofilme entstanden für Streamingdienste, etwa »Die Waschmaschine« und »High-flying bird« für Netflix.
Für »Die Waschmaschine« bekam ich zwei Anrufe von Netflix, den ersten nach der ersten Woche, den zweiten nach ein paar Monaten, wo es hieß, soundsoviele Leute haben es gesehen – nur ein Anruf, schriftlich bekommt man das nicht. Meine einzige Frage wäre: »Sind Sie zufrieden damit und würden Sie es wieder machen?« Als wir »Black Bag« anboten, auf Grundlage des Drehbuches und mit den Zusagen von Michael und Cate, war kein einziger der Streamer interessiert. Alle Interessenten kamen aus dem Bereich der Kinoauswertung.
Die genauen Details, wie die Streamingdienste funktionieren, ökonomisch und was die Inhalte anbelangt, sind ein komplettes Mysterium, eine Black Box, zu der niemand Zugang hat. Man könnte vermuten, das ist so, weil es im Grunde nicht funktioniert. Und dass sie befürchten, wenn die Wall Street das sehen würde, wären ihre Börsenkurse kräftig am Fallen. Ich weiß nicht, ob das so ist, aber wenn jemand etwas verbirgt, frage ich mich doch: warum?
Das Abonnentenmodel führt dazu, dass Du den Wert Deiner Produkte selber bestimmen kannst. Das erlaubt ein Ausmaß von Manipulation, wie es sie zuvor nie gegeben hat.
An einem bestimmten Punkt werden alle Netflix haben. Was dann? Man kann nicht ewig wachsen, Man kann die Preise erhöhen, aber manche Kunden werden sich dann einschränken. Der zweite Punkt ist, es gibt in der Kino-Welt einen Jackpot, den die Streaming-Welt nie haben wird: ein Film, der herauskommt und eine Milliarde einspielt – damit können viele Probleme gelöst wird. In der Streamingwelt geht das nicht. Oder eine Fernsehserie, die läuft, bis sie mehr als hundert Episoden hat und die Du entsprechend gut verkaufen kannst. Wenn Du bei Netflix einen Hit hast, hat den an einem bestimmten Zeitpunkt jeder gesehen und er liegt nur herum – totes Kapital. Das kann in der Menge zum Problem werden und man fängt an, sie an andere Auswertungsmöglichkeiten zu verkaufen. Sicher ist: die Anfangszeit, wo sie Unsummen ausgaben, um Talente an sich zu binden, sind vorbei.
An den amerikanischen Kinokassen war »Black Bag« nicht der erhoffte Erfolg...
Auch wenn die Kinoperformance des Films in den USA eher untertourig war, glaube ich doch, dass ein Film mit einem kommerziellen Potenzial wie dieser ein Publikum finden kann. Ich denke, wir haben im Kino derzeit zu wenig intelligente Genrefilme, die ein großes Publikum erreichen. Schon als George Clooney und ich die Firma Section 8 gründeten, waren wir bestrebt, unabhängige Filmemacher in Projekte zu bringen, die echtes kommerzielles Potenzial und Filmstars aufwiesen.
Es macht keinen Spaß, Filme zu machen, die ihr Publikum nicht finden. »Black Bag« ist wohl von all meinen Film derjenige, der die besten Kritiken erhalten hat. Ich hätte mir nur gewünscht, dass mehr Menschen dafür ins Kino gegangen wären.
Die Länge von nur 90 Minuten, mit der »Black Bag« an klassisches Genrekino anknüpft, kann man ja auch als Angebot an das Publikum ansehen, das sich heute im Kino oft mit überlangen Filmen konfrontiert sieht. War das ein langwieriger Prozess, herauszufinden, was man weglassen konnte ohne dass die Zuschauer ratlos werden?
Nein, das Drehbuch war schon äußerst schlank. Es gab einen Strang von vielleicht sechs Minuten, den wir schließlich weggelassen haben: ein zweiter Mord, nämlich an der Ehefrau des Agenten Meacham, der zu Beginn ermordet wird. Ich fand, das warf zum einen zu viele Fragen auf, zum anderen verlangsamte es das Tempo des Films an einem Punkt, wo ich es anziehen wollte. Das war meine einzige Änderung gegenüber dem Drehbuch – ich finde einfach, dass die meisten Filme derzeit zu lang sind. Es bestärkte mich auch in meinem Glauben: wenn wir einen Film machen wollten, der länger als 90 Minuten wäre, müssten wir eine andere Bedrohung einführen und durchhalten. Weder David noch ich hatten das Gefühl, dass das unsere Geschichte bereichern würde. Im Zentrum des Films steht die Ehe, dies hätte nur mehr Handlung hinzugefügt, was für uns der uninteressanteste Bestandteil war. Ich mag, auch als Zuschauer, Filme nur mit Muskeln, ganz ohne Fett.
Für ein Projekt, das so klein ist, dass ich es selber stemmen kann, wie »Presence« oder »Unsane«; habe ich immer eine Option, Aber ich will nicht immer nur das machen, es macht Spaß, eine große Palette zu haben. Teil Deines Rufs in der Industrie ist, ob Du Talente für Deine Projekte gewinnen kannst. Glücklicherweise ist mein Ruf gut, sowohl was die Arbeit mit Schauspielern betrifft als auch wie ich mit den Studios klarkomme. Aber dieser Wert ist begrenzt, Wenn Du laufend Filme machst, die ihr Publikum nicht finden, schrumpfen Deine Optionen – darüber muss ich nachdenken.
Eine letzte Frage: Dürfen wir uns noch auf Ihre Serie nach John Barths so grandios herausfordernden Roman »Der Tabakhändler« freuen, die Sie bei unserem letzten Gespräch, vor vielen Jahren, als eines Ihrer kommenden Projekte erwähnten?
Ich besitze noch die Rechte dafür, das ist einer der Ordner, die auf meinem Schreibtisch liegen.
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