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Christian Alvart nutzt in seinem Remake des spanischen Thrillers »Anrufer unbekannt« die Mittel der Echtzeitdramaturgie, um Wotan Wilke Möhring in der Rolle eines Bauunternehmers und Familienvaters schwer unter Druck zu setzen

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Karl Brendt (Wotan Wilke Möhring) ist ein Fixer, einer, der für seine Firma, ein international agierendes Bauunternehmen, Probleme löst. Dabei geht er nicht gerade zimperlich vor. Bei Zwangsräumungen hat er, wenn es darauf ankam, auch schon auf Firmen gesetzt, die mit Gewalt gegen unliebsame Mieter vorgegangen sind; und wenn ein Problem durch Geldzahlungen aus der Welt geschafft werden konnte, dann hat er das so diskret wie eben möglich erledigt.

Aber an diesem Morgen, an dem er Hochzeitstag mit seiner Frau feiern wollte, kommt Brendt trotz all seiner Tricks und seiner Skrupellosigkeit an seine Grenzen. Gerade als er mit seinen beiden Kindern, der pubertierenden Josefine und dem ein paar Jahre jüngeren Marius, in sein Auto gestiegen ist, erhält er einen anonymen Anruf. Ein Mann verkündet ihm mit verstellter Stimme, dass er Bomben unter den Sitzen des Wagens deponiert hat. Sollte Karl oder eines seiner Kinder aufstehen und aussteigen, explo­dieren die Sprengsätze. Danach fordert der Erpresser 67 000 Euro in bar und zudem noch 450 000 Euro, die Karl auf ein Offshorekonto überweisen soll.

Christian Alvarts »Steig. Nicht. Aus!« weckt ebenso wie dessen Vorlage, Dani de la Torres spanischer Thriller »Anrufer unbekannt«, Erinnerungen an Larry Cohens Drehbücher zu »Nicht auflegen!« und »Final Call«, zwei Meilensteine des US-amerika­nischen Genrekinos des frühen 21. Jahrhunderts. Wie Cohen arbeitet auch Alvart größtenteils mit einer Echtzeitdramaturgie, die einen extremen Druck etabliert. Brendt muss eben nicht nur das Geld auftreiben, ohne aus dem Auto zu steigen, er wird zugleich noch die ganze Zeit per Telefon von seinem Erpresser überwacht. So zieht sich Minute um Minute die Schlinge um ihn ­immer weiter zu.

Alvart spielt nicht nur äußerst geschickt mit der Zeit, die immer knapper für Wotan Wilke Möhrings Fixer wird. Zusammen mit seinem Kameramann Christoph Krauss schafft er eine Welt, die in zwei divergierende Realitäten zerfällt. Im Auto etablieren die beiden eine Atmosphäre der Enge und Ausweglosigkeit. Doch sobald die Kamera den Innenraum des Wagens verlässt, bietet sich ein anderes Bild. In teilweise atemberaubenden Plansequenzen, die sich weiter und weiter von dem Auto entfernen, wird Brendts Isolation in Szene gesetzt. Niemand außerhalb des Wagens weiß, was wirklich passiert, und so sieht sich der Bauunternehmer einer Welt gegenüber, die ihn nur als Gefährder und Feind wahrnehmen kann.

Vordergründig setzt »Steig. Nicht. Aus!« ganz auf die soghafte Wirkung seiner Story und seiner geradlinigen Inszenierung, die mit jedem Schnitt und jeder Kamerafahrt die Spannung weiter hochschraubt. Unterschwellig erzählt Alvarts Remake, zu dem er selbst das Drehbuch geschrieben hat, allerdings auch von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verwerfungen unserer Zeit. Jedes von Brendts Telefonaten liefert ein weiteres Teil eines großen Puzzles, das die Machenschaften und die Korruption innerhalb der Baubranche ans Licht zerrt.

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