Blog

Gerhard Midding

In den ersten Debatten, die sich an den Enthüllungen über Weinsteins Schandtaten entzünden, vermisste ich die Vorsilbe »Un«. Anfangs war oft die Rede von einer Kultur der Komplizenschaft, des Schweigens, der Zustimmung und der Straflosigkeit. Auch ein anderer Begriff fiel, mit dessen Existenz ich mich noch immer nicht abfinden kann: rape culture.

Gerhard Midding

Die schwerwiegendsten Anschuldigungen gegenüber Harvey Weinstein, die vor dem 5. Oktober bekannt wurden, stammten von Filmemachern, die sich über künstlerische Übergriffe beschwerten. Wie er im Schneideraum mit »Mimic« umsprang, sei eine traumatischere Erfahrung als die Entführung seines Vaters für ihn gewesen, sagte Guillermo del Toro einmal. Den Spitznamen »Harvey Scissorhands« trug der Mogul zu Recht und bestimmt mit Stolz.

Gerhard Midding

In einem Interview zu »Happy End« wurde Michael Haneke unlängst gefragt, was ihm die liebste Phase im Prozess des Filmemachens sei. Das Schreiben mache ihm am meisten Spaß, erwiderte er, und am Schluss die Mischung. Die Antwort muss allenfalls zur Hälfte überraschen, ebenso wenig wie seine Aussage, die Vorbereitung sei die Hölle und das Drehen anstrengend, weil es nie so läuft, wie man es sich gewünscht hat.

Gerhard Midding

Einmal stand ich in einer Schlange vor ihm. Aber die Garderobiere händigte dann doch zuerst ihm den Mantel aus. Wir drei waren uns einig, dass diese Bevorzugung unbedingt gerechtfertigt war. Jean Rochefort bedankte sich verschmitzt, wir nickten uns höflich zu und er ging nonchalant seiner Wege.

Gerhard Midding

Die brennendste Frage, die die Welt nach dem entsetzlichen Massaker von Las Vegas beschäftigt, ist wahrscheinlich die nach dem Motiv des Todesschützen. Sie ist zugleich die aussichtsloseste: Eine Antwort wird sich nicht finden lassen. Es gibt keinen Grund dafür, 58 Menschen zu töten und 500 weitere zu verletzen.

Gerhard Midding

Gerade erst las ich noch in einem seiner Bücher. Nun erfahre ich, dass Jean-Pierre Jeancolas gestorben ist. Vor zwei Wochen bereitete ich die Einführung zu einem Film von Jean Renoir vor - und dafür gibt es keine bessere Quelle als seine Geschichte des frühen französischen Tonfilms.

Gerhard Midding

Ein israelischer Regisseur bringt Verständnis für Veit Harlan auf? Als ich das las, musste ich auch erst einmal schlucken. Die Filmgeschichte mag zwar einige Beispiele für derlei verblüffende Bewunderung unter Kollegen liefern, etwa Frank Capras Begeisterung für Leni Riefenstahl (von der ihn ideologisch ja vielleicht weniger trennte, als man gemeinhin annimmt). Aber wer käme schon auf die Idee, dass der Regisseur von »Jud Süß« in Israel tatsächlich einen Fürsprecher finden könnte?

Gerhard Midding

Das neue Projekt von Matthew Weiner, dem Kopf hinter den »Mad Men«, klingt vielversprechend. Er hat ein erstaunliches Thema gewählt: »The Romanoffs« soll in acht eigenständigen Folgen von Zeitgenossen handeln, die überzeugt sind, vom gleichnamigen Adelsgeschlecht abzustammen, dass drei Jahrhunderte über Russland herrschte. Die Besetzung ist illuster; hinter der Kamera werden sich viele »Mad Men«-Veteranen wieder begegnen.

Gerhard Midding

Zwischen zehn und 15 Filme starten allwöchentlich neu in unseren Kinos. Diese Anzahl markierte vor einigen Jahren noch einen erheblichen Anstieg, hat sich seither aber relativ stabil gehalten. Wie es scheint, hat daran bislang auch der Zuwachs von Streaminangeboten nichts geändert. Dieses Angebot ermöglicht dem Kinogänger im Prinzip eine Auswahl und bleibt zugleich überschaubar.

Gerhard Midding

Auch Fonda hatte exzellente Nachfolger. Allerdings ist sein Erbe zweischneidig. Ohne ihn wären die schweigsamen Westerner Clint Eastwoods undenkbar. Bei Fonda ist die Autarkie aber bereits gebrochen, was vor allem das Verdienst John Fords ist.