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Gerhard Midding

In Venedig werden wieder einmal die Stoppuhren gezückt. Man dachte, diese Manie habe sich allmählich gelegt. Aber auch in diesem Jahr muss jeder Schlussapplaus akkurat gemessen werden. Zumal die anglo-amerikanischen Presse sieht sich hier in der Chronistenpflicht. Am Montag war ein erster Rekord zu vermelden. Bei „The Smashing Machine“ dauerten die stehende Ovation 15 Minuten, welche den Hauptdarsteller Dwayne Johnson zu Tränen rührten.

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Die 13 muss im Kino keine Unglückszahl sein. Die Regisseure beispielsweise, die im Lauf ihrer Karriere exakt so viele Filme realisiert haben, bilden eine illustre Riege: Jacques Becker, Antonio Pietrangeli und Stanley Kubrick, Der Japaner Shinji Sômai gehört ebenfalls in diesen exklusiven Kreis.

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Das Plattdeutsch wird wahrscheinlich niemanden abschrecken. Im Gegenteil, ich hatte den Eindruck, gerade in diesen Passagen des Trailers wurde das Publikum besonders hellhörig. Und im Notfall gibt es ja noch die Untertitel. Aber seit wann braucht ein hiesiger Film Untertitel?

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Unlängst passierte mir ein fabelhaftes Missgeschick, das meine privaten Kinobesuche enorm bereichert hat. Ich hatte mein Notizbuch verlegt. Nun war ich gezwungen, auf schriftliche Anmerkungen während der Vorstellungen zu verzichten. Es war, als fiele eine Last von meinen Schultern.

Gerhard Midding

J. Arthur Rank, der die wichtigen Fäden im britischen Nachkriegskino zog, war dem Vernehmen nach ein sehr religiöser Mensch. Neben der ohne zweifel aufreibenden Tätigkeit als Chef des nach ihm benannten Konzerns unterrichtete er regelmäßig in der Sonntagsschule. Der schlechte Einfluss, den Filme auf britische Familien ausüben könnte, sorgte den Methodisten sehr.

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Im Frühjahr bahnte sich eine Kletterpflanze vorwitzig ihren Weg in das Gartenhäuschen, in dem ich schreibe, Filme schaue und Zigarren rauche. Sie hatte eine winzige Lücke zwischen Dach und Fenster gefunden und stieß nun in den Innenraum vor wie das Tentakel eines freundlichen Ungeheuers.

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Die Debatte über Nepo Babies, die vor wenigen Jahren heftig in den USA aufflammte („Sie hat die Augen ihrer Mutter. Und deren Agenten.“), wird in Frankreich eigentlich permanent geführt. Meist geschieht das etwas leiser und womöglich auch weniger abschätzig - man spricht einfach von "fils ou fille de..." Wie verbreitet das Phänomen ist, führt aktuell die Besetzungsliste von Cédric Klapisch' »Die Farben der Zeit« vor Augen.

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Ich bewundere Künstler, die über den eigenen Tellerrand schauen und sich in das andere Lager hineinversetzen. Das gefiel mir beispielsweise an »Könige des Sommers«. Darin erzählt Regisseurin Louise Courvoisier vom Sohn einen Milchbauern, der halbwegs der Pubertät entwachsen ist und sich in den Kopf setzt, aus dem Stand den besten Comté der Region herzustellen hat. Diese Einfühlung ist indes längst kein so halsbrecherischer Spagat, wie ihn Emeric Pressburger in „The Glass Pearls“ wagt.

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Auf die Frage, was er an Nicole schätzt, antwortet Charlie auf Anhieb: "She is a good citizen." Da mag ein wenig Sarkasmus im Spiel sein, schließlich befinden sich die Barbers mitten in der Mediation ihres Scheidungsverfahrens. Zivilbürgerliche Tadellosigkeit ist nicht unbedingt die erste Tugend, die einem zum einst geliebten Ehegatten einfällt. Aber als Minimalforderung für ein gedeihliches Miteinander funktioniert das durchaus.

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Sind sechs Jahre lang genug, um den Verfemten wieder die Hand zu reichen? Ich kann es nicht sagen, denn ich kenne die Zeitrechnung der Löschkultur nicht. Auf jeden Fall kommt morgen »An Officer and A Spy« von Roman Polanski in die US-Kinos, der 2019 in Venedig den Großen Preis der Jury erhielt.