Kritik zu Stromberg – Wieder alles wie immer
Die überraschend reflektierte Meta-Comedy über den kultigen Büroschinder scheut sich nicht, aktuelle gesellschaftlichen Debatten auseinanderzunehmen, und lässt ihre Protagonisten gerade durch ihre Überforderung zu echten Identifikationsfiguren werden. Der aus der Zeit gefallene Bernd Stromberg ist mit der Zeit gegangen
Muss das sein? Stromberg im Jahr 2025? Gerade werden viele ehemals erfolgreiche Franchises, Formate und Figuren aus der Entertainment-Mottenkiste geholt. »Das Kanu des Manitu« zum Beispiel hat an den Kinokassen jüngst Rekorde gebrochen. Und jetzt ist ausgerechnet er wieder da: Bernd Stromberg, der Arschloch-Chef, ikonisch in Schlips und Trenchcoat mit Henriquatre und Halbglatze; die Kultfigur aus den 2000ern. Abgehakt, hätte man gedacht. Hat er heute wirklich noch etwas beizutragen, das nicht unter eingeschnappte »Das wird man doch wohl noch sagen dürfen«-Comedy fällt?
Regisseur Arne Feldhusen und Autor Ralf Husmann gelingt dieses Kunststück. Sie waren klug genug, nicht das Büro-Experiment der Serie (2004–2012) unter aktuellen Bedingungen zu wiederholen (etwa Stromberg zwischen KI und Home Office), sondern in einer Meta-Comedy zu reflektieren, was Stromberg damals war (Konnte man »sowas« damals wirklich noch sagen? Oder war es immer schon Mist?). Und sie werfen die Frage auf, ob ein Mensch sich verändern kann. Während »Das Kanu des Manitu« so tut, als wäre seit 2001 keine Zeit vergangen und Konfliktfelder wie kulturelle Aneignung, Wokeness und Gendern übervorsichtig umschifft, stürzt sich »Stromberg – Wieder alles wie immer« voll in die Debatten des Post-MeToo-Zeitalters.
Christoph Maria Herbst, der den chauvinistischen und doch bedauernswert überforderten Abteilungsleiter der Schadensregulierung in der fiktiven Capitol-Versicherung zu einem Archetypen für inkompetente alte, weiße Männer in Führungspositionen gemacht hatte, schlüpft erneut in seine Paraderolle. Stromberg ist immer noch der selbstgefällige Tropf mit all seinen Manierismen, dem unbeholfenen Herumgestammel mit nach oben entgleitender Stimme, den unsinnigen Vergleichen, der kraus gezogenen Stirn und dem Nesteln an der Krawatte. Zugleich ist er tatsächlich bemüht, seinen Platz in der neuen (Arbeits-)Welt zu finden. Hat Stromberg dazugelernt?
Man merkt, wie diese Figur, die schon 2004 aus der Zeit gefallen war, an ihrer Orientierungslosigkeit leidet. Über niemanden dürfe man sich mehr lustig machen, beschwert er sich, nur über Männer, die hart arbeiten und auf Frauen stehen. Bei allem Diskurs verliert der Film nie den Witz aus den Augen, auch wenn der zweite Teil weniger Gag-Feuerwerk ist als der erste, aber mit mehr Tiefgang punktet. »Stromberg – Wieder alles wie immer« vermittelt glaubhaft, dass die (unterdrückte) Aggression der Figuren aus ihrer Hilflosigkeit resultiert. In der Authentizität ihres Scheiterns auf der Suche nach Identität, Anerkennung und Liebe werden sie zu Identifikationsfiguren – und muten dem Zuschauer gar zärtliche Szenen zu. »Uns geht es doch auch allen scheiße«, sagt Büromacho Ulf (Oliver Wnuk) und spricht in seiner jungenhaft-unverfälschten »Was denn?«-Attitüde aus, was viele fühlen.
Dennoch erliegen Feldhusen und Husmann nicht der Versuchung, am Enden einen geläuterten Stromberg zu präsentieren. Nur, weil sich die Welt weiterdreht, heißt es nicht, dass sich auch alles zum Besseren wendet. Längst überwunden Geglaubtes kehrt brachial zurück. Opportunismus setzt sich durch. Bernd Stromberg ist eine dankbare Projektionsfläche, um zu demonstrieren, wie die Menschen in unsicheren Zeiten dem scheinbar Altbewährten anhängen. Und genau da muss man sagen, ist ein neuer »Stromberg«-Film nur konsequent.





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