Interview: Produzent Jonas Rivera über »A Toy Story«

»A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando« (2019). © Walt Disney

»A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando« (2019). © Walt Disney

Mr. Rivera, Sie waren zuletzt für den Pixar-Film »Alles steht Kopf« in Deutschland und erzählten, wie schwierig die Recherchen für jenes Werk waren, dessen Hauptfiguren die widerstreitenden Gefühle im Kopf eines jungen Mädchens waren. Demgegenüber war die Recherche für den vierten »Toy Story«-Film ein Kinderspiel

Rivera (lacht): Ja, wir hatten anfangs ja gar keine Vorstellungen, wie die Emotionen aussehen könnten – hier dagegen recherchierten wir in Antiquitätengeschäften und auf Rummelplätzen, das war etwas Handfestes, zudem hatten die drei vorangegangenen »Toy Story«-Filme ja Grundlagen geschaffen, auf denen wir aufbauen konnten. Schwierig war dagegen die Entwicklung der Geschichte zwischen neuen und vertrauten Elementen.

Der dritte »Toy Story«-Film kam 2010 in die Kinos. Was war diesmal der Moment, als Sie sagen konnten, »Diese Idee könnte funktionieren, damit legen wir los«?

Den lieferte in diesem Fall Andrew Stanton, der schon bei den vorangegangenen »Toy Story«-Filmen die Idee hatte und für die ersten beiden auch am Drehbuch mitschrieb. Es ging dabei um zwei Sachen, zum einen hatte er immer betont, dass das Ende des dritten »Toy Story«-Films für ihn nicht das Ende der Geschichte bedeutete, während die meisten im Studio es als ein rundes Ende ansahen. Andrew betonte, dass der zentrale Charakter in all den Filmen immer Woody, der Cowboy, war. Man sah, wie er sich veränderte. Andy, der Junge, dem Woody gehörte, wurde älter, dadurch veränderte sich sein Verhältnis zu Woody, aber der blieb die Hauptfigur. Andrew stellte die entscheidende Frage: was passierte, wenn Woody nicht mehr bei Andy wäre? Die andere Sache war Bo Peep: da wurde erst einmal darüber debattiert, ob sie überhaupt ein Spielzeug sei oder nicht doch  eine Lampe. Wir akzeptierten sie als Spielzeug und überlegten uns, wie könnte es ihr ergangen sein, nachdem sie von den anderen Spielzeugen getrennt wurde. Wo ist sie jetzt, wie hat sie sich verändert? Am Ende kamen all diese Ideen zusammen.

Können Sie etwas über die Umwege erzählen, die es bis dahin gab?

Davon gab es auch diesmal viele: es gab Versionen, wo der Film mehr eine Liebesgeschichte erzählte, dann eine, wo wir ein Kind hatten, das nichts für Spielzeuge übrig hatte – aber am Ende lief alles hinaus auf eine zweite Chance für Woody und Bo Peep. Und dann kam der Regisseur Josh Cooley mit einer Geschichte über seine Frau, wie sie in sein Leben traf – das ist immer gut, wenn der Regisseur eine starke persönliche Vision hat. 

Mir hat es gefallen, dass einige der neuen Figuren so einfach sind, nicht nur Forky, sondern auch Ducky & Bunny. Werden Kinder ihre eigenen Forkys basteln können, wenn der Film in die Kinos kommt? Es wäre doch merkwürdig, wenn die schon als fertige Figuren auf den Markt kommen…

Da gebe ich Ihnen Recht. Das ist eine Herausforderung für die Spielzeughersteller. Kinder können sehr kreativ sein. Wir haben das bei Pixar selber ausprobiert – einige von uns machten das Gesicht auf die vordere Seite der Gabel, andere auf die Rückseite. Daraus ergab sich eine Debatte über die Anatomie von Forky. Die Einfachheit dieser Figurem hat aber auch damit zu tun, dass die Fragen, die Woody umtreiben, so ernsthaft sind, da war einfach Kontrast notwendig. 

Was mich am dritten »Toy Story«-Film am meisten beeindruckt hat, war seine dunkle Seite: in der Figur des Bären Lozzo und in der dramatischen Szene, wo die Spielzeuge beinahe im Verbrennungsofen landen. Aber das scheint das Publikum nicht übermäßig verstört zu haben, denn diesmal gibt es die Puppe Gabby Gabby und ihre furchteinflößenden Helfershelfer. 

Wir meinen, dass man den Zuschauern schon zeigen sollte, dass man bestimmte Ziele nicht leicht erreicht, dass es Hindernisse auf dem Weg gibt, auch solche, die furchteinflößende Gestalt annehmen können. Wir hatten schon Fassungen, wo das zu weit ging – wir wollen aber ja keinen Horrorfilm machen. Manche Puppen sind von ihren Aussehen her schon sehr creepy – wie Gabby Gabbys Helfer, die einen anstarren. Zudem sind sie ziemlich groß – auf die Toys wirken sie wie Riesen. 

Im letzten Disney-Film »Chaos im Netz« haben mehrere Prinzessinnen aus früheren Disney-Filmen zusammen zwei große Auftritte. Gab es ähnliche Erwägungen auch hier?

Das ist uns nie in den Kopf gekommen – »Chaos im Netz« spielt ja auch in der Welt des Internets, wo alles möglich ist. Ich glaube, zu »Toy Story« hätte so etwas nicht gepasst. Gerade Prinzessinnen hätten die Zuschauer glauben lassen, was sie sehen, sei nicht real – das hätte sie aus der »Toy Story«-Welt herausgebracht.  

Es gibt aber Auftritte von Figuren aus anderen Pixar-Filmen, wie etwa dem Musiker aus »Tin Toy« in der Partyszene?

Ja, denn wir wissen, dass die Zuschauer so etwas lieben. Es gibt immer Massenszenen, die man bevölkern muss – und wenn die Zuschauer dort eine Figur entdecken, die sie kennen, dann freut sie das einfach. Wir haben bei Pixar unsere eigene Tradition, etwas zu verstecken, so gibt es immer schon etwas aus dem kommenden Film zu sehen. In »Die Unglaublichen 2« war das ein Duke Kaboom-Spielzeug. 

Ist es wichtig, dass die Hauptfiguren, speziell Woody, in allen vier Filmen gleich aussehen? Oder nehmen Sie behutsame Veränderungen vor?

Behutsame Verbesserungen! Im ersten Film ist er noch ziemlich primitiv, wir fügten dann mehr Details hinzu.

Es ist wahrscheinlich noch zu früh, über eine Forstetzung von »Alles steht Kopf« zu sprechen, aber ich frage, weil am Ende unseres damaligen Gespräches Sie und Pete Docter meinten, sie hätten Angst vor der Pubertät (die sich am Ende des Films abzeichnet).

Wir sagen nie »nie«, aber derzeit gibt es keine Pläne. Pete bereitet gerade einen anderen Film vor, 

Sind irgendwelche Sequels zu anderen Pixar-Filmen in Vorbereitung?

Gegenwärtig nicht.

Hat sich an der Arbeitsorganisation bei Pixar irgendetwas geändert mit dem Fortgang von John Lasseter?

Pete Docter ist der first creative officer, er hat jetzt das Sagen. Ansonsten gibt es einen »brain trust« aus Regisseuren, Autoren und Produzenten, der sich mit jedem Film verändert und weiterentwickelt.

Haben Sie den Regisseur für diesen Film vorgeschlagen, weil Sie schon bei seinem Kurzfilm beteiligt waren?

Nein, das war John. Aber ich habe das unterstützt, denn ich wusste, dass er ein großartiger story artist ist. Und einige von denen haben auch ein Gespür für das große Ganze. Josh hatte bei »Cars« mit Joe Ranft zusammengearbeitet, der damals viele talentierte Leute versammelte, die später zur Regie wechselten.

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