Kritik zu Stille Reserven

© Camino Filmverleih

Im Science-Fiction-Film von Valentin Hitz ist die Abschaffung des Todes nur eine weitere Maßnahme, um die kapitalistische Ausbeutung des Menschen verlängern zu können

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Deutschsprachige Genrefilme haben es bekanntermaßen nicht leicht. Innerhalb dieser marginalisierten Gruppe aber hat es die Science-Fiction wohl am schwersten; denn wo ein Horrorfilm zur Not auch mit einem einzigen Schauplatz, zwei Litern Kunstblut und einer Gruselmaske auskommt, muss die Sci-Fi vor allem in der heutigen Zeit immer auch komplexe Schauwerte bieten – was mit den oft geringen Budgets für diese Sparte nicht leicht zu machen ist. Den österreichischen Film »Stille Reserven« muss man daher vor allem für seine innovative, effektive Wahl der Settings und Ausstattung loben, die mit sparsamen Mitteln eine stimmige Filmwelt konstruieren.

Schauplatz des Films ist das Wien der nahen Zukunft. Der gesellschaftliche Aspekt, an dem sich »Stille Reserven« abarbeitet, ist der Umgang mit dem Tod beziehungsweise dessen Abschaffung. Denn in dieser Welt hat man nach dem Ableben noch längst keine Ruhe vor dem Zugriff kapitalistischer Mechanismen – wer verschuldet oder schlecht versichert ablebt, muss als komatöser Datenspeicher oder gar als Gebärmaschine noch 200 Jahre weiter »arbeiten«. Entgehen kann man diesem Schicksal nur, indem man eine sogenannte Todesversicherung abschließt, die einem dann wirklich ewige Ruhe garantiert. In der stylischen Konzernzentrale des Versicherungsunternehmens – aufgebaut, Berliner werden es erkennen, nicht in Wien, sondern im Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität – arbeitet der Kaufmann Vincent (Clemens Schick), der mit seinen eiskalten Methoden ein perfektes Rädchen in der entwürdigenden Maschinerie abgibt.

Durch überzeugenden Einsatz von CGI-Effekten sowie sorgfältige Location-Auswahl gelingt es »Stille Reserven«, eine kühle Zukunftsvision zu entwerfen – nicht zuletzt auch Dank der Kameraarbeit von Martin Gschlacht, der schon an österreichischen Genrefilmen wie »Ich seh, Ich seh« beteiligt war. Beim Verfassen des Drehbuchs hat Regisseur und Autor Valentin Hitz leider nicht die gleiche Sorgfalt walten lassen. Mutet die Ausgangsidee des verkauften Todes noch außerordentlich vielversprechend an, verliert sich das Skript zusehends in den Schleifen gängiger Science-Fiction-Klischees. Der beinahe maschinell wirkende Vincent verliebt sich nach einer beruflichen Degradierung in die Barsängerin und Widerstandskämpferin Lisa (Lena Lauzemis). Von nun an steht er im inneren Zwiespalt zwischen seiner eingeimpften Loyalität zum skrupellosen Konzern und der ihm gänzlich neuen Empfindung von Liebe und Erotik.

Hinz greift dabei auf so viele bekannte Standardsituationen zurück, dass es nicht mehr weit bis zur Parodie wäre. Zwar gelingen ihm immer wieder einzelne Momente – etwa eine technologisierte Sexszene – über die gesamte Laufzeit aber vermag sein Film nicht zu überzeugen. Die Genremotive mag er verinnerlicht haben, aber seine spröde futuristische Lovestory lässt größtenteils kalt.

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