Kritik zu Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht

Trailer, deutsch © Walt Disney/Lucasfilm

J. J. Abrams übernimmt »Star Wars« – kann das gutgehen? Zunächst ist alles wie gehabt: Die Rebellen müssen Luke Skywalker finden, um die erneut erwachte Macht zu stoppen

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Rückblickend betrachtet gab es eigentlich nicht viele Gründe zur Hoffnung, als die Nachricht von J. J. Abrams als neuem »Star Wars«-Regisseur die Runde machte. Der Mann hat sich zwar »Lost« ausgedacht, mit »Mission: Impossible 3« und dem »Star Trek«-Reboot aber bereits zwei andere Franchise-Beiträge vergeigt. Die Antwort auf die drängendste Frage daher gleich vorab: Ja, der neue Film funktioniert gut, sehr gut sogar. Das verdankt sich nicht zuletzt dem Drehbuch, an dem Lawrence Kasdan mitwirkte; er hatte bereits an »Das Imperium schlägt zurück« und »Die Rückkehr der Jedi-Ritter« mitgeschrieben.

Die eigentliche Handlung dient bei »Das Erwachen der Macht« vor allem als Rahmen für die Eröffnung einer neuen Ära, ohne aber nur wie ein Teaser für die kommenden Teile zu wirken: Die First Order (so der neue Name des »Imperiums«) ist 30 Jahre nach dem Ende von »Episode VI« wieder erstarkt. Deshalb wollen die Rebellen den vor Jahren ins Exil verschwundenen Luke Skywalker ausfindig machen. So entbrennt zwischen den Kriegern der First Order und den Rebellen ein interplanetares Katz-und-Maus-Spiel um eine Weltallkarte, die angeblich zum Versteck des emeritierten Jedi-Ritters führt.

Zahlreiche Motive in »Das Erwachen der Macht« erinnern an den allerersten »Star Wars«. Es gibt einen Krieger mit schwarzer Maske und verfremdeter Stimme, die Stormtrooper hoppeln wie früher, und ihr Hauptquartier sieht aus wie der legendäre »Todesstern«. Auch sonst finden die Helden sich fortwährend an Orten wieder, die wir aus dem Original kennen. Dieses Rekurrieren auf erste Teile gab es in der letzten Blockbuster-Saison öfter, man denke nur an »Jurassic World« und »Terminator: Genisys«. Im Gegensatz zu diesen Filmen funktionieren die Verweise in »Star Wars« aber sehr gut. Abrams' cinephile Nostalgie ist hier von ähnlicher Sensibilität wie in »Super 8«. Man spürt die Liebe zur Urtrilogie. Er spielt mit vertrauten Motiven und dockt an die ursprüngliche Storyline an. Gleichzeitig entwickeln er und Kasdan frische Ideen und machen uns mit einer ganzen Reihe faszinierender neuer Figuren vertraut. Auch filmisch bewegt »Star Wars« sich zwischen Handkameramodernismus und majestätischem Klassizismus (am besten in 2D!). Anders gesagt gelingt Abrams und Kasdan das Kunststück, Fortsetzung und Reboot ineinander aufgehen zu lassen.

Dem charmanten Wiedersehen mit Prinzessin Leia, Chewbacca und Han Solo zum Trotz liegt die größte Stärke des Films denn auch in den neuen Charakteren. Mit der wehrhaften Schrottsammlerin Rey stellt »Star Wars« – ähnlich wie »Mad Max« – überraschend eine Frau in den Mittelpunkt des bislang eher männlich geprägten Universums, Leia hin oder her. Durch eine geheimnisvolle Backstory, einige kluge Entwicklungen sowie das Charisma der Darstellerin Daisy Ridley gewinnt diese Kämpferin eine enorme Faszinationskraft. Ihr zur Seite steht Finn (hervorragend: John Boyega), ein abtrünniger Stormtrooper. Allein das eine großartige Idee: Wer hat sich nicht schon gefragt, was für Menschen in den weißen Rüstungen stecken? Auch Finn entwickelt Komplexität durch seine angedeutete Historie und seine Ambivalenzen, aber auch durch seinen Humor. Zu Beginn glaubt man noch, ein schneidiger Pilot (Oscar Isaac) würde der Held des Films. Aber er verschwindet, und mit dem Duo aus junger Frau und schwarzem Mann widersetzt »Star Wars« sich bemerkenswert den üblichen Heldenkonventionen des Blockbuster-Kinos.

Zu den originellen Einfällen gehört ebenfalls, dass die beiden den alten Recken mit einer staunenden Heldenverehrung begegnen – eine amüsante Spiegelung der Zuschauerreaktionen und ein Spiel mit dem Generationenwechsel auf beiden Seiten der Leinwand. Leider gönnt der Film es Finn und Rey nicht, als erstes schwarz-weißes Liebespaar Blockbuster-Geschichte zu schreiben. Noch nicht. Aber die Fährte nicht nur dafür ist gelegt, und auch sonst schafft »Star Wars«, was jeder gute Fortsetzung leisten sollte: Sie macht Lust auf den nächsten Teil.

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