Kritik zu Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger

Trailer englisch © 20th Century Fox

2002
Original-Titel: 
Star Wars: Episode II – Attack of the Clones
Filmstart in Deutschland: 
17.05.2002
Sch: 
L: 
142 Min
FSK: 
12

George Lucas setzt weniger auf Charaktere denn auf Action

Bewertung: 3
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Nach »Star Wars: Episode I« musste George Lucas selbst von hartgesottenen Fans herbe Kritik einstecken. Das hat er nun einerseits falsch, andererseits aber wiederum passend interpretiert: Er bietet in »Episode II« keine faszinierenderen Charaktere auf, sondern einfach viel mehr und viel lautere Action.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Es ist noch immer vergnüglich dabei zuzusehen, wie Lucas Ritter-, Western-, Fantasy- und Science-Fiction-Welten ineinander fließen lässt. Aber »Episode II« ist nicht so gut wie erhofft. Müsste man alle fünf Teile nach ihrer Qualität ordnen, was bei einer solchen Serie ja immer Spaß macht, läge »Episode II« deutlich vor »Episode I« und ganz knapp hinter der »Rückkehr der Jedi Ritter« auf Platz vier (Platz eins: »Das Imperium schlägt zurück«).

Die Geschichte setzt etwa zehn Jahre nach dem Ende von »Episode I« ein, und politisch hat sich nicht allzuviel getan im Weltraumsenat: es gibt Gute, Böse und Hinterhältige, und hinter allem steckt eine gefährliche dunkle Macht, die das Universum in eine Diktatur verwandeln will. Alles wie gehabt – bahnbrechende Veränderungen sind nicht in Sicht.

Na gut, sagt sich der Fan, im Zentrum soll ja ohnehin die Entwicklung Anakin Skywalkers stehen, der später einmal zum Erzbösen Darth Vader mutiert. Unter der Ägide von Obi-Wan Kenobi ist Anakin zu einem wagemutigen Jedi-Ritter herangewachsen, der sich durch Anflüge von Arroganz und Ungehorsam verdächtig macht – erste Anzeichen seines rebellisch-bösen Charakters, wobei die Vaterfigur Obi-Wan Kenobi eine Form von wohlmeinendem Konservatismus verkörpert, gegen die wohl jeder halbwegs vernünftige Teenager rebellieren würde. Anakin verliebt sich außerdem in Prinzessin Padmé, mit der er später einmal Luke Skywalker zeugen wird.

Thematisch würde die Schilderung von Anakins Entwicklung schon reichen, um das Interesse wach zu halten – die Erwartung des Bösen kann spannend sein. Aber obwohl es viel zu sehen gibt in »Episode II«, findet Lucas nie Bilder für die Gefühlslagen und die Entwicklung seiner Helden. Alles bleibt Behauptung, und auf die Kraft des gesprochenen Wortes darf man bei Lucas sowieso nicht hoffen. Spätestens nach diesem Film sollte auch den letzten Skeptikern bewusst werden, welch phänomenale Science-Fiction-Bildwelten Spielberg in »A.I.« und de Palma in »Mission to Mars« geschaffen haben.

In »Episode II« zählt es noch zu den schöneren Ideen, dass in Padmés Residenz eine Skulptur steht, die Brancusis »Bird in Space« nachempfunden ist; die Szenen aber, in denen Anakin mit Padmé herumtollt und ihr seine Liebe einredet, sehen aus wie eine Mischung aus Airbrush-Kitschposter und italienischem Kostümporno (was allerdings die einzige Nähe zu irgendeiner Form von Erotik ist in diesem Film). Und wenn Lucas in der Szene, die Anakins/Darth Vaders Hass auf die Welt erklären soll, Fords »The Searchers« zitiert, beschwört er damit auch visuell einen Vergleich herauf, der für ihn nur schlecht ausgehen kann.

Meist stehen die Menschen in der Szenerie herum wie Akteure einer schlechten Soap-Opera, die nicht wissen, was sie mit ihren Händen machen sollen. Schlimmer wird es nur noch, wenn sie anfangen, die Plattitüden aufzusagen, die das Drehbuch ihnen in den Mund gelegt hat.

Am erschreckendsten ist allerdings, dass sich Lucas nicht einmal bei den zahlreichen Actionszenen auf seine eigene Imaginationskraft verlassen hat. »Episode I« sei lahm, hatten sich viele Fans beschwert. Also hat Lucas sich diesmal angestrengt und geschaut, was in den letzten Jahren gut ankam im Kino: Daher gibt es in »Episode II« eine Verfolgungsjagd in der Luft, die direkt aus »The Fifth Element« geklaut ist, ein paar riesige Monsterechsen à la »Jurassic Park« und einen circensischen Kampf wie aus »Gladiator«. Nur einen Angriff der Klonkrieger gibt es seltsamerweise nicht. So sind die Actionszenen zwar temporeich und unterhaltsam, aber eben nicht sehr originell.

Als der allererste »Star Wars« 1977 in die Kinos kam, soll der notorische Kulturpessimist Robert Altman angesichts der geballten Trivialität vom »Tod des Kinos« gesprochen haben. Ganz so schlimm kam es damals bekanntlich nicht. Anlässlich des Starts von »Episode II« jedoch gewinnt Altmans Befürchtung unerwartete Aktualität, wenn auch unter einem anderen Gesichtspunkt: Der neue »Star Wars« nämlich wurde von Lucas nicht auf Film-, sondern auf hochauflösendem, digitalem Videomaterial gedreht, das dem optischen Look von Zelluloid erstaunlich nahe kommt. Wir sehen also keinen Film, sondern ein 142 Minuten langes Video. Visuell lassen sich zugegebenermaßen kaum Unterschiede feststellen, wenngleich die Bilder manchmal merkwürdig »suppig« und stumpf aussehen, als läge ein feiner Schleier darüber; rein technisch gesehen ist die Auflösung von HD-Video sowieso noch immer schlechter als bei 35-mm-Filmmaterial.

Im Moment muss Lucas' 140-Millionen-Dollar-Video für die weltweit allermeisten Kinos noch auf Filmmaterial umkopiert werden, da diese (noch) nicht über digitale Projektionseinrichtungen verfügen, die aus unseren Leinwänden riesige Fernseher machen würden. Es steht jedoch zu befürchten, dass der Erfolg von »Episode II« und Lucas' immenser Einfluss in Hollywood den Video-Trend weitaus machtvoller vorantreiben wird als der »Dogma 95«-Fluch. So gesehen, konfrontiert uns »Episode II« mit einer »Science Fiction«, die schneller Realität werden könnte, als uns Film-Enthusiasten lieb sein dürfte.

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