Kritik zu Papadopoulos & Söhne

© Neue Visionen

2012
Original-Titel: 
Papadopoulos & Sons
Filmstart in Deutschland: 
27.06.2013
L: 
109 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Marcus Markou, britischer Regisseur mit griechischen Wurzeln, schildert in seiner Komödie, wie die Griechenlandkrise einen eben noch überaus erfolgreichen Immigranten in London trifft – und in vieldeutigem Sinn zurück zu seinen Wurzeln führt

Bewertung: 3
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Harry Papadopoulos (Stephen Dillane) ist pleite. Der Lebensmittelfabrikant hat sich übernommen, hat bei der Planung eines Megaeinkaufszentrums, dass er Papadopoulos Plaza nennen wollte, zu viele Schulden gemacht, die jetzt, als Ergebnis der globalen Bankenkrise, eingetrieben werden. Nun verliert der »Unternehmer des Jahres« Haus und Gärtner, Luxusauto und Chauffeur. Er weiß noch nicht, dass er am Ende etwas gewinnen wird, was unbezahlbar ist: ein neues Verhältnis zu seinen Kindern, eine Versöhnung mit seinem Bruder, den er Jahre nicht gesehen hat, und eine neue Liebe. Und das alles nur, weil er in das alte Familiengeschäft zurückkehrt, eine Fish-’n’-Chips-Bude im Süden Londons.

So klar, so erbarmungslos. Das Gleichnis ist unschwer zu erkennen. Griechenland hat sich übernommen. Als junger Partner im Europa der Selbstbewussten muss es all die schönen Luxusgüter wieder abgeben und sich auf das konzentrieren, was ein bescheidenes Auskommen garantiert: die Versorgung von Touristen mit Kartoffeln und frischem Fisch. Das hätte etwas Herablassendes, wäre der Film nicht voller Sympathie für die gebeutelte Familie – und dann eben doch eine echte britische Komödie. Die letzten dieser Art – I Give It A Year Das hält kein Jahr...!, A Few Best Men (»Die Trauzeugen«) oder Sex on the Beach – hatten großen Zweifel an der Entwicklung des Genres aufkommen lassen. Sexwitze ohne sprachliche Finesse, platte Dialoge und alberne Handlungen ließen eben jenen Humor vermissen, der all das verbindet. Denn Sex, Albernheit und ein bissiger Blick auf den ganz normalen Alltag, darin glänzte die britische Komödie, weil sie sich einer einzigartigen Sprache bediente, aus dem Wortspiel lebte und nicht nur aus dem Versuch vulgärer Grenzüberschreitung.

Papadopoulos & Söhne ist diesem alten britischen Humor viel stärker verpflichtet als der platten Moral. Es ist ein Film, der sich bei aller Vorhersehbarkeit auf die kleinen Dinge konzentriert. Vater Stephen und Sohn Frank Dillane kultivieren den traurigen Blick, wobei Stephen als gescheiterter Unternehmer Harry darin seine Menschlichkeit wiederfindet, Frank dagegen tritt als stotternder, Pflanzen liebender Sohn James Papadopoulos aus der Position des Familienversagers heraus und erkämpft sich ein Stück Gleichwertigkeit. Aus dem »Zurück zu den Anfängen« wird so auch ein Loblied auf das einfache, stressfreiere Leben, auf Freunde und Familie, und ein Plädoyer für Toleranz und Gemeinsamkeit.

Regisseur Marcus Markou nutzt für seinen ersten Film den griechischen Familienhintergrund. Da kennt er sich wirklich aus und muss nicht mit billigen Parakaló-Floskeln fürs Subkulturflair sorgen. Stattdessen setzt er subtil auf kleine Beobachtungen wie die Haltung, die sich als Slogan auf dem Klempnerwagen von Harrys Bruder wiederfindet: »Wenn es nach der Reparatur immer noch kaputt ist, dann können wir auch nichts machen.« Der Film stellt so die fast nicht mehr wahrnehmbaren Unterschiede heraus und ist am Ende auch ein Plädoyer dafür, die Grenzen zwischen den Einzelstaaten Europas leichthändig zu überspringen und sich gerade im alten England der »splendid isolation« auch mal für die Nachbarn zu interessieren.

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