Kritik zu Mission: Impossible – The Final Reckoning

© Paramount Pictures

Im – mutmaßlichen – Abschluss der Actionserie zeigt sich der 62-jährige Tom Cruise abermals in bester Form, taucht ins Eismeer, turnt durch die Lüfte und trickst eine diabolische KI aus

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Zu Beginn des Finales spricht Tom Cruise selbst zum Publikum und verspricht »die beste Show der Welt«. In all ihrem amerikanischen Pathos wirkt diese Vorrede nur wenig übertrieben. Denn die beste Show zumindest der letzten 25 Jahre war »Fallout«, der sechste Film der »M:I«-Reihe. Nummer 8, mutmaßlicher Schlusspunkt, platziert sich im vorderen Mittelfeld. Er hat jene typischen Macken, die der Mode der Aufsplittung des Finales in zwei Filme geschuldet sind. Im ersten Drittel des fast dreistündigen Spektakels geht, auf Kosten von Eleganz und Spritzigkeit, viel Zeit für Erklärungen und Rückblenden drauf. Das Bemühen, dem Publikum nicht nur zu verklickern, »was bisher geschah«, sondern das Finale außerdem mit den losen Fäden voriger Filme, bis zurück zur Premiere im Jahr 1996, halbwegs schlüssig zu verknüpfen, wirkt gelegentlich angestrengt.

Doch auch in dieser vierten Zusammenarbeit mit Regisseur Christopher McQuarrie beweist Cruise, dass es keine mission impossible ist, ein Kino, das vom Jahrmarkt kommt, mit cineastischer Ambition zu verbinden und gute bis blendende Unterhaltung zu produzieren. Die Nemesis du jour also ist die »Entität«, ein selbstlernendes Computervirus, das, mit dem digitalen Zugriff auf Atomwaffenarsenale, drauf und dran ist, den Globus zu zerstören. Neben dem digitalen Parasiten kommen handfeste Feinde in Gestalt intriganter Anzugträger der eigenen Regierung sowie Schurke Gabriel ins Spiel.

Die komplizierte, letztlich unverständliche Story erinnert an die »Horkrux«-Rallye der beiden letzten »Harry Potter«-Filme. Agent Ethan Hunt muss drei Dinge finden und zusammensetzen, um das Virus auszuschalten. Und bis Hunt endlich in der zentralen Actionsequenz in der Beringsee ins versunkene russische U-Boot auf der Suche nach dem Quellcode abtaucht, hat sein Team bereits London vor der Atombombe gerettet.

Der Tauchgang im Eismeer in den Metallsarg der Sewastopol ist akustisch und ästhetisch atemberaubend und drückt einen, im Bann der geisterhaften Atmosphäre, in den Kinosessel. Der zweite Actionhöhepunkt, ein halsbrecherisches Entermanöver im Flugzeug, greift das Markenzeichen der Reihe, das Spiel mit der Schwerkraft, auf. Hunt hängt sich, wieder mal, weit hinaus.

Tom Cruise, der diese haarsträubenden Stunts weitgehend selbst ausführte, bleibt der wichtigste Special Effect. Als Deus ex Machina der Serie ist er, das zeigt die selbstbewusste Ansage zu Filmbeginn, der vielleicht einzige noch existierende Weltstar und Retter des klassischen Hollywood-Actionkinos. Die Zeit, in der man ihn, den Sektenanhänger, nicht mögen durfte, ist längst vorbei. Dennoch fällt auf, wie sehr der Film religiös codiert ist. Der menschliche Gegner ist nach einem gefallenen Erzengel benannt, die luziferische KI nährt sich von Angst und Zwietracht und der aus dem Eis geborgene Agent feiert Wiederauferstehung. Doch die missionarische Botschaft wird beständig durch die fröhlich-draufgängerische Wurstlermentalität von Ethan und seinen Getreuen konterkariert. So wie Hightech durch Cruises Körper besiegt wird, so bringt nun die Rückbesinnung auf die Präinternetwelt den Spaß am Analogen zurück, mit Kassetten, UKW-Sendern und bunten Doppeldeckern. »Was nicht passt, wird passend gemacht«, so lautet das inoffizielle Mantra dieser händischen Weltrettung. Auf Teufel komm raus wird improvisiert, sei es beim Hundeschlittenlenken oder bei einer Notoperation. Wie nebenbei feiert der Film die Rebellion der Underdogs gegen die eiskalten Planer, die den roten Knopf drücken wollen; er feiert die kreativen Trickser, die das rational denkende Computervirus nasführen und das Unvorhersehbare zu nutzen wissen. Wiewohl es diesmal getragener als sonst zugeht, vermittelt sich doch ein bezaubernd kindlicher Unernst. Und auch Wehmut über das Ende der »M:I«-Abenteuer, denen es so wunderbar gelang, ein guilty pleasure in Filmkunst zu verwandeln.

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