Kritik zu The Knocking

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Hören oder fühlen? Der atmosphärische Horrorthriller der beiden finnischen Regisseure Max Seeck und Jonas Pajunen variiert originell die Klassiker

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Bäume, Bäume, nichts als Bäume. Und dazwischen Zwischenräume. Diese Abwandlung eines Tucholsky-Gedichts von 1920 könnte das Motto sein für »The Knocking«. Der streckenweise verblüffende finnische Horrorfilm schlägt eine andere Tonart an als jene einander zunehmend gleichenden nordischen Thriller, die seit gut zwanzig Jahren vorwiegend nach Deutschland exportiert werden. »Koputus«, so der Originaltitel, der so viel bedeutet wie »anklopfen«, basiert auf einer tragenden Grundidee. Besagte Zwischenräume entfalten ein beunruhigendes Eigenleben. Doch der Reihe nach.

Bei der Testamentseröffnung sehen Maria (Inka Kallén), Mikko (Pekka Strang) und Matilda (Saana Koivisto) sich nach vielen Jahren erstmals wieder. An das Haus ihrer Eltern, das sie nach fünfzehnjähriger Wartezeit endlich erben, haben die ungleichen Geschwister keine guten Erinnerungen. Daher sind die drei sich einig, das Haus möglichst schnell zu verkaufen. Das zum Anwesen gehörende 60 Hektar große Waldgrundstück dürfte eine Stange Geld bringen. Doch mit diesem Plan geraten die Geschwister in den Sog einer unheilvollen Wiederholungsschleife.

In ihrem Spielfilmdebüt setzen der finnische Bestsellerautor Max Seeck und der Werbefilmer Jonas Pajunen auf eine langsam sich steigernde Spannung. Das gelingt ihnen, obwohl der Aufbau der Geschichte eigentlich konventionell und absehbar zu sein scheint. Vor dem Verkauf müssen die Geschwister noch einmal zurückkehren in das abgelegene Haus, das nur mit einer Fähre zu erreichen ist. Klar, hier wird etwas Seltsames geschehen. Aber was?

Aus Rückblenden erfährt man, dass die Eltern sich voneinander entfremdet hatten. Die Mutter war eine Mystikerin. Naturmächte, die Bäume beseelen, waren für sie gelebte Realität. Ihr Mann, für den sie schon lange nichts mehr empfindet, will den Wald, der ihr so viel bedeutet, einfach so veräußern. Doch dazu kommt es nicht. Eines Nachts liegt er erschlagen im Haus. Matilda, das jüngste der Geschwister, findet die Polizei in einem kleinen Käfig eingesperrt. Die Mutter ist seither verschollen.

Gewiss, in der Zusammenfassung klingt das nach Kolportage pur. Doch Seeck und Pajunen hauchen dieser Gruselgeschichte Leben ein. Die beiden Co-Regisseure, die auch das Buch beisteuern, setzen all ihr Vertrauen in ihre Grundidee. Das unerschöpfliche Motiv des Waldes, das in Klassikern wie »The Evil Dead«, »Blair Witch Project« oder »Dark« jeweils im Fokus steht, wird sehenswert variiert.

Mikko (Pekka Strang), der Älteste der Geschwister, weiß als Wissenschaftler alles über Holzwirtschaft, Jahresringe und Baumkrankheiten. Doch als er, einem seltsamen Geräusch folgend, an eine Rinde klopft und von drinnen, tock tock, Antwort erhält – egal, auf welchen Klopfrhythmus –, ist er verblüfft und irritiert. Was nun? Dieses filmische Bild geht unter die Haut. Es ist pur und unprätentiös. Die Schlusspointe, die nicht gespoilert werden soll, entspricht der Redewendung: Wer nicht hören will, muss fühlen.

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